Unsere Demokratie westlicher Prägung ist in Anbetracht ihrer Erfolge hinsichtlich Frieden und Wohlstand eine Erfolgsgeschichte. Auf der anderen Seite ist die Ökobilanz unserer Gesellschaftsordnung verheerend. Es scheint bisher kein überzeugendes Rezept gegen den Klimawandel und andere globale Umweltkrisen zu geben. Ist eine „Ökodiktatur“ daher eine Lösung? Der Umweltjournalist Bernhard Pötter verneint diese These in seinem Buch „Ausweg Ökodiktatur? – Wie unsere Demokratie an der Umweltkrise scheitert“. Er warnt aber zugleich davor, weiterzumachen wie bisher. Pötter entwickelt in seinem Buch die Idee einer Erweiterung der bestehenden Demokratie zu einer „Ökokratie“.
In diesem System werden die natürlichen Grenzen der Erde anerkannt und politische Maßnahmen ergriffen diese zu respektieren. Beschränkungen werden dabei von der Mehrheit erlassen, um natürliche Lebensgrundlagen und damit Freiheiten zu erhalten. Eine Rezension des Buches von Peter Unfried findet sich hier.
Der „Atom-Streit“ war für RWE-Chef Jürgen Grossmann Anlass, die Gefahr einer „Ökodiktatur“ in Deutschland zu beschwören. Aus Sicht der Opposition im Stadtparlament ist die beschauliche Stadt Marburg bereits auf dem Weg in eine „Ökodiktatur“. Die neue „Solarsatzung“ Marburgs schreibt Bauherren vor, bei Renovierungen Solaranlagen auf dem Dach zu installieren.
Die emotionale „Debatte“ um die Gefahr einer Ökodiktatur wurde vermutlich durch den Vorschlag des Wissenschaftlichen Beirates der Bundesregierung für Globale Umweltveränderungen (WBGU) angeheizt. Dieser schlägt vor „das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren um eine deliberative „Zukunftskammer“ zu erweitern“ (S.10 des WBGU-Gutachtens „Gesellschaftsvertrag für eine Große Transformation“). Diese neue Institution könnte den Politikprozess auf Nachhaltigkeitsaspekte hin prüfen. Würde diese „Zukunftskammer“ mit einem Vetorecht ausgestattet, so lägen Alexander Gauland zufolge alle Merkmale eines „Wohlfahrtsausschusses“ und alle „Zutaten“ für eine „Ökodiktatur“ vor. Bezugnehmend auf das WBGU-Gutachten kritisiert Dirk Maxeiner die Idee einer global gesteuerten Ressourcenbewirtschaftung als „utopisch“ und im Kern „totalitär“. Henryk M. Broder sieht Deutschland in Anbetracht immer neuer Kommissionen gar auf dem Weg in die „Räterepublik“. Fritz Vahrenholt (RWE) beschwört die Gefahr einer Deindustrialisierung infolge der Dekarbonisierung.
Hingegen weist das WBGU-Mitglied Claus Leggewie die Warnungen vor einer Ökodiktatur als „lächerlich“ zurück. Ihm zufolge fordere der vom WBGU entworfene neue Gesellschaftsvertrag deutlich mehr statt weniger Demokratie.
Eine sachliche Debatte um die Gefahren einer „Ökodiktatur“ ist dringend nötig.
[…] eine Große Transformation” zeigen die Relevanz und Sprengkraft dieses Themas (vgl. Artikel “Droht eine Ökodiktatur?” und “Warnungen vor einer Ökodiktatur? Lächerlich!” von C. Leggewie). Der Politik […]