Nachhaltige Postwachstumsgesellschaften sind Gesellschaften, deren Wirtschaft anderen Funktionsweisen und Rationalitätsmustern folgt als die heute vorherrschende kapitalistische Ökonomie. In ihnen gilt es so zu wirtschaften, dass ein gutes Leben für Alle heute und in Zukunft ermöglicht wird und die sozialen und natürlichen Lebensgrundlagen dabei nicht zerstört, sondern langfristig erhalten und erneuert werden. Der Weg dorthin – nachhaltige Entwicklung – kann als eine Vielzahl von Transformationsprozessen verstanden werden, in denen es um die Um- bzw. Neugestaltung gewohnter Institutionen und Handlungsmuster sowie um vielfältige Umwertungsprozesse geht.
Dies alles sind Prozesse von unbekannter Qualität und mit unbekanntem Ausgang. Der wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) charakterisiert sie als demokratische Suchprozesse[1]. In diesen gilt es, gesellschaftlich umzulernen. Und hier kommen Commons und die sie gemeinsam herstellenden Commoner_innen ins Spiel: Commons sind Güter, „über die im gesellschaftlichen Aushandlungsprozess Einverständnis darüber erzielt werden muss, dass sie als Gemeingut gemeinwirtschaftlichen Regelungsformen unterliegen sollen.“[2] Hier gelten Kooperation statt Konkurrenz, Gemeinwohl statt individueller Vorteil, Freiwilligkeit statt Zwang, Aushandlung statt Verfügung, Nutzung statt Kauf, Gemeinbesitz statt Eigentum. Die vielen Beispiele, die es heute für Commons gibt (vom Urban Gardening und Windenergie in Bürger_innenhand über gemeinschaftliche Wohn- und Versorgungsprojekte im Alter bis hin zur neuen Bewegung des Selbermachens) zeigen: Hier wird viel ausprobiert. In diesen Prozessen des Commoning bilden sich neue Handlungsmuster heraus: z. B. suffizienter und konsistenter Umgang mit Gemeingütern, Eigenversorgung und Eigenproduktion statt Warenkauf.
Commons können eine eigene Kraft jenseits von Markt und Staat entwickeln, und von hieraus auch mit beiden Sphären kooperieren. Diese Kraft führt jedoch nur dann zu mehr Nachhaltigkeit, wenn Zeit und Raum gelassen wird für die diskursive Entwicklung neuer Werthaltungen und Bewertungen. Commons und Commoner_innen als Treiber für eine nachhaltige Postwachstumsgesellschaft brauchen eine Offenheit der Gesellschaft für Neues – sie „bedürfen einer starken demokratischen Öffentlichkeit und eines qualitativ hochwertigen öffentlichen Raumes.“[3] Wie weit die Politik in Deutschland davon entfernt ist, zeigt das Beispiel Energiewende: Anstatt den vielen Commons-Initiativen für energieautonome Regionen diesen Raum zu geben, tut die Bundesregierung alles, um die Energiewende zu einem guten Geschäft für die vier großen Energiekonzerne werden zulassen – und entzieht so das Gemeingut Energie der Sphäre gemeinsamen Handelns. [4]
[1] WBGU 2011: Hauptgutachten: Welt im Wandel. Gesellschaftsvertrag für eine große Transformation. Berlin.
[2] v. Winterfeld et al., S. 7.
[3] Ebenda, S, 43.
[4] Diese Gedanken beruhen auf folgendem Text: v. Winterfeld; Uta, Biesecker, Adelheid; Katz, Christine; Best, Benjamin (unter Mitarbeit von Claudia v. Braunmühl) 2012: Welche Rolle können Commons in Transformationsprozessen zu Nachhaltigkeit spielen? Impulse zur Wachstumswende, hrsg. vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie.
[…] von Adelheid Biesecker [via] […]
[…] siehe auch: http://blog.postwachstum.de/welche-rolle-konnen-commons-fur-eine-nachhaltige-postwachstumsgesellscha… […]