Das industrialisierte Wirtschaftssystem liegt in eigenen Ketten. Ökonom/innen nennen es Wertkettenökonomie und legen damit die Grundlage für ein destruktives Zielsystem, dem die ethische Kreislauforientierung und Einbettung in das gesellschaftliche Bezugssystem fehlt. Die Gesellschaft wird darin als Stakeholder und Verbraucher erzeugter Leistung gesehen.
Wertkettenökonomie meint letztlich, das „Danach am Ende der Kette“ sei für betriebliche Entscheidungen nur bedingt relevant. Ein fataler und wohlbekannter Fehler. Darin erkennen wir eine der Fehlerquellen, aus der eine wuchernde Produktion entsteht, deren Zeitwettbewerb der Innovationszyklen „time-to-market“ von den „economies of scale “ in die Abhängigkeit betrieblicher Auslastung getrieben und vom Renditehunger der Investoren beschleunigt wird.
Einfach gesagt, entstehen immer schneller an den Enden dieser „Wertkette“ auf der einen Seite Müllhaufen und am anderen Ende Geldhaufen. Der Kunde wird zum letzten Stellplatz vor der Müllhalde, eigentlich stört er nur. Konsummuster reichen zur Beschreibung seiner Art. Auch Arbeitsverhältnisse und Unternehmen werden in diese Innovationszyklen des „Return on Investment“ („ROI“) gezwungen. Die Entkopplung der Investoren von den „Damages of investment“ („DOI“) schreitet immer schneller voran. Die angestrebte Digitalisierung von Industrie und Geld ist der aktuelle Trend dafür (siehe oben, Teil II).
Kreislauf statt Wachstum
Die werdende Kreislaufgesellschaft lässt sich in die vier aufeinander folgenden Geld-Stoff-Informationskreislauf-Phasen „Puffern – Herstellen – Nutzen – Zerlegen“ gliedern, wobei sich diese Gliederung wie eine selbstähnliche Struktur („Fraktal“) in den jeweiligen Phasen wiederfinden lassen. Will man nun die sich stellenden Aufgaben der sozial-ökologischen Transformation in der werdenden Kreislaufgesellschaft in Handlungsfelder und Arbeitspakete ordnen, bieten diese Phasen eine Orientierung für die erforderlichen Abstimmungen im Geld- Informations- und Leistungsaustausch. Die Anforderungen aus allen vier Phasen der werdenden Kreislaufgesellschaft sind dabei Bezugsrahmen, Orientierung und Vorgabe („meet the cycle needs“).
Unternehmen sind aufgerufen, die sich daraus ergebenden Herausforderungen in der Produktentwicklung zu berücksichtigen und durch Entwicklung von strategischen Geschäftsfeldern und geeigneten Geschäftsmodellen in den vier Phasen mit einer zirkulären Orientierung zu erschließen. Wir brauchen dafür eine kreislaufkonforme Betriebswirtschaftslehre, die den steten produktiven Prozess der kreislaufgeführten Rekombination von Ressourcen und Arbeitspaketen in geeignete betriebliche Organisationsformen überführt. Kollektive Resilienz und Potentialmehrung gehen dabei vor Gewinnstreben. Unternehmen als produktive soziale Organisationen, die ihre unternehmerische Tätigkeit auf Haltbarkeit und Kreislaufführung ausrichten, können in den vier Phasen neue Geschäftspotentiale zur Ausweitung ihrer unternehmerischen Aktivitäten erschließen („zirkuläre Integration“). Das Zielsystem, Transaktionen und deren Tauschäquivalente (Geld, Zeit, Nutzen, Potentiale und Anerkennung) sind dabei vom jeweiligen Bezugsrahmen abzuleiten. Sowohl die etablierte Volkswirtschafts- und Betriebswirtschaftslehre liefern hierfür aufgrund ihrer monetären Prägung bisher nur unzureichende Antworten.
Die „Zirkuläre Matrix“
Die nachfolgende Grafik gliedert die Marktstrategien der werdenden Kreislaufgesellschaft in der „Zirkulären Matrix“. Die „Zirkuläre Matrix“ erweitert die Ansoff-Matrix (weiß) über die erweiterte Produkt/Markt-Matrix (hellgrau) um die sich in der werdenden Kreislaufgesellschaft entstehenden neuen sozial produktiven Organisationsformen, die sich aus den Wechselbeziehungen von Märkten, Produkten, Dienstleistungen und Communities ergeben. In der werdenden Kreislaufgesellschaft wechselt der Bürger von der markt-reduzierten Rolle „Konsument“ zum bürgerschaftlichen Prosumenten in gemeinwohlorientierten Communities wieder. Sozial produktive Organisationen und Unternehmen mit Kreislauforientierung sollten diesen Wandel im Marketing berücksichtigen.
Neben dem Markt entsteht die „Community“ oder „Crowd“ als neues Bezugssystem und ermöglicht eine neues „community-driven-marketing“. Über soziale Innovationen und aus der Mitte der Gesellschaft entwickeln sich sozial-produktive Organisationsformen, die eine gemeinwohlorientierte Wohlstandsmehrung ohne monetäre Tauschsysteme erproben. Die Betriebswirtschaftslehre muss sich mit den sich in den vier Phasen (siehe oben) daraus ergebenden neuen Geschäfts- und Marktmodellen und deren Entwicklung in der Kreislaufgesellschaft auseinandersetzen.
Geplante Obsoleszenz ist eine Form der Marktdurchdringung durch Umsatzbeschleunigung und Nutzungsverkürzung. „Murks“ wird ein Handlungsergebnis, wenn es in seiner Wirkung nicht 4-Phasen-konform ist. Die Reduzierung betrieblichen Handelns auf die Phase „from raw to shelf“ ist besonderer „Murks“. Von Kreislaufwirtschaft zu sprechen, obwohl die Gesellschaft in den vier Phasen die deutlich größere Mitwirkende ist, die dabei den Bezugsrahmen setzt, ist irreführend. Die Wirtschaft ist das Subsystem der Gesellschaft, welches für die gesellschaftliche Utopie-, Kultur- und Wohlstandsentwicklung die erforderlichen Produkte und Dienstleistungen liefert.
Durch die Beachtung der Anforderungen und sozialen Potentialen der Kreislaufgesellschaft und den damit nicht notwendigerweise monetär geprägten Tauschsystemen ergeben sich neue Markt- und Produkt- und Managementlogiken, die sich in der „Zirkulären Matrix“ beispielhaft dargestellten Zeilen und Spalten „Kreislaufgesellschaft“ widerspiegeln. Eine kreislaufkonforme Betriebswirtschaftslehre liefert die dafür notwendigen prozess- und strukturbezogenen Grundlagen.
Befreiung von anthropogener Obsoleszenz braucht mehr als Marktlogik
Die anthropogene Obsoleszenz hat ihre tiefen seelischen Wurzeln in der Furcht vor der Vergänglichkeit. Immer schneller und innovativer versuchen wir mit Hilfe der Technik dem Tod im Wettlauf mit uns selbst davon zu laufen. Wollen wir die Schadfolgen der anthropogenen Obsoleszenz bewältigen, dann darf dies nicht nur auf der materiellen und prozessualen Ebene geschehen. Auch spirituelle, ethische, kognitive und kulturelle Aufgaben für die Gestaltung haltbarer Utopien mit hoher Erwartungsgewissheit beschreiben die Großbaustelle, die wir einer entseelten Ökonomie, blinder Technikbegeisterung und der prozyklisch getriebenen Industrialisierung zu verdanken haben. Dies ist ein kollektiver Arbeitsauftrag für Generationen, der statt einem „Weiter-So-Wachstum“ vielfältige Kulturaufgaben für mehr Wohlstand mit Zeit, Sinn und Potentialen beinhaltet.
Die Stärkung von Haltbarkeit ist der kreislauforientierte Konjunkturimpuls für eine Ressourcenwende, die auf alle Ressourcen der Gesellschaft zur Gestaltung ihrer Utopien einwirkt. Zirkuläre Haltbarkeit ist der stärkste Hebel für eine wirksame Entkopplung von Wachstum und Ressourcenverbrauch. Haltbarkeit stärkt Resilienz durch Stabilisierung von Entwicklungsprozessen. Haltbarkeit lässt sich bei Konsumgütern zu sonst gleichen Kosten erheblich meist um das Dreifache steigern und setzt dabei die notwendigen finanziellen Ressourcen für die sozial-ökologische Transformation frei. In meinem Buch und meiner Studie erläutere ich dazu die Hintergründe. Haltbarkeit mit Kreislaufführung sind die strategischen Erfolgsfaktoren der werdenden Kreislaufgesellschaft. Ihr Wertefindungsdiskurs muss jedoch von Zeit, Sinn und Potentialen getragen sein.
Die Wirtschaft ist Lieferant – mehr nicht
Zurück ins Glied, möchte man den ökonomischen Akteuren zurufen. Die Wirtschaft ist der Lieferant für die Gestaltung der werdenden Kreislaufgesellschaft. Mehr nicht. Die vier Phasen entsprechen Geschäftsfeldern, die quasi „in Fruchtfolge“ bewirtschaftet werden wollen, stets ausgerichtet an den Anforderungen der werdenden Kreislaufgesellschaft. Wir brauchen eine breite Debatte für Kreislauf und zirkuläre Haltbarkeit statt Wachstum, die die Utopieentwicklung der werdenden Kreislaufgesellschaft in ihrer Vielfalt bereichert.
Dies ist der letzte Artikel einer vierteiligen Reihe zum Thema Obsoleszenz. Die anderen Beiträge sind hier zu finden.
[…] letzten Teil meiner vierteiligen Artikelreihe zum Thema Obsoleszenz “Zirkuläre Integration ermöglicht neue Marktentwicklungen” beschäftige ich mich mit unternehmerischen Marktstrategien der werdenden […]
Das alleinige Dogma des Unternehmerischen Handelns und Investitionsverhaltens
beruht auf der Grundlage von maximalen Gewinnerwartungen (Vorgaben ) bei möglichst geringen betriebswirtschaftlichen Kosten ,ständiger Optimierung und Stabilität der Steigerungsraten von Gewinnerwartungen.Ökologische Ziele und damit andere Maßstäbe in den Alltäglichen Unternehmerische Denkweise mit der Vernunft und dem Verantwortungsbewußtsein für die Erhaltung der Umwelt in die Verantwortung zu bringen, ist der Versuch von Beginn an der 90iger Jahre
bis heute im Ergebnis letztlich als gescheitert zu betrachten.Die Erfindung immer neuer Begriffe wie z. B. Nachhaltigkeitsstrategie helfen der Erde nur wenig, wir Leben im Überfluß und zerstören alle vorhandenen natürlichen Lebensgrundlagen.Weniger ist mehr – das kennt die „Ökonomie“ nicht, weder die
Volkswirte noch Betriebswirtschaftlicher sind dafür in dem Studiengang ausgebildet.Geld regiert die Welt, der Gewinn für die Aktionäre und Geldanleger ist vorrangig , daß wird auch noch in 20 Jahren so bleiben.