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Rezension: „Außen grün, innen braun“

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Das 2022 erschienene Buch “Außen grün, innen braun – Wie Rechtsextreme Klimakrise und Naturschutz für ihre Zwecke nutzen” von Sam Moore und Alex Roberts, zwei antifaschistischen Aktivisten, beschäftigt sich mit den Verbindungslinien von faschistischer Mobilmachung und ökologischen Narrativen. Es ist in fünf Kapitel gegliedert, welche sich von einer historischen, sowie begrifflichen Einordnung des rechtsextremen Ökologismus, über das heutige Naturverständnis der unterschiedlichen rechten (Online-)Gruppierungen bis zur Fragestellung eines realen Ökofaschismus erstrecken.  

Das Werk richtet sich an Interessierte der Nachhaltigkeitsforschung, die sich für die Möglichkeit einer Vereinnahmung ökologischer Narrative durch rechtsextreme Kräfte sensibilisieren wollen und an alle, die ein grundlegendes Verständnis über historische und aktuelle Verhältnisse von rechter Ideologie zur Natur gewinnen möchten.  

Vor dem Hintergrund der Klimakrise machen die Autoren die Notwendigkeit der Auseinandersetzung mit dem Thema des Buches deutlich, da im 21. Jahrhundert “jede Politik auf die eine oder andere Weise Klimapolitik ist.” (Moore/Roberts, 2022, S. 169). Wem also welche gesellschaftspolitischen Narrative überlassen werden und zu erkennen, welchen Ursprung bestimmte Erzählungen haben, entscheidet auch über die politische und gesellschaftliche Anschlussfähigkeit rechter Agitationen. 

Zu Beginn des Buches beziehen sich die Autoren in ihrer Definition des Faschismus nicht auf einen “transhistorischen Idealtypus”, sondern erarbeiten anhand wissenschaftlicher Erkenntnisse über den Faschismus als historisches Phänomen ein erweitertes Verständnis.  

“Wir verstehen den Faschismus als eine politische Form, die darauf abzielt, den Nationalstaat zu revolutionieren und zu reharmonisieren, indem sie radikal abgegrenzte »Andere« mit paramilitärischen Mitteln ausschließt.” (Moore/Roberts, 2022, S.23). Der Ökofaschismus als Teilaspekt faschistischer Ideologie sei laut der Autoren derjenige, der sich am nachdrücklichsten auf seine vermeintlich natürlichen Grundlagen versucht zu beziehen, auch vielen Widersprüchlichkeiten zum Trotz (Moore/Roberts, 2022, S.25). Als verbindendes rechtsextremes Argument wird damit konkludiert, “dass die »Lehren der Natur« direkt auf soziale Beziehungen anwendbar seien” (Moore/Roberts, S.66).  

So schafft das Buch ein erweitertes Verständnis des internationalen Phänomens rechtsextremer Ökologie und ihrer bisweilen terroristischen Realität und arbeitet über weite Teile des Buches dezidiert ihre Multiperspektivität heraus. Die in der breiten Öffentlichkeit als homogen wahrgenommene rechtsextreme Bewegung kann durch die detaillierte Beschreibung und Differenzierung der Autoren in viele (teils) widersprüchlich argumentierende Gruppierungen aufgefächert werden. 

Um sich diesen entgegenzustellen, konkludiert das Buch mit der Aufforderung eine ökonomisch reformistische [1] und antifaschistische Haltung einzunehmen, was rechten Akteuren nicht möglich ist. Damit formulieren die Autoren auch eine eigene inhaltlichen Position: 

“Wir müssen ökologische Beziehungen erkennen, verteidigen und verstärken, die dem Erhalt und der Wiederherstellung natürlicher Systeme dienen, während wir gleichzeitig gegen die Systeme des Privateigentums an Produktionsmitteln angehen und versuchen, die Welt wieder zur Allmende zu machen. Es ist an uns allen, uns auf die kommende Krise vorzubereiten und damit auf die Politik, die mit ihr einhergehen wird.” (Moore/Roberts, 2022, S. 179) 

Alles in allem schaffen die Autoren einen guten Zugang zu den Verbindungslinien bestehender ökonomischer Verhältnisse und ihrer Möglichmachung faschistoider Phantasmen. Teils verliert sich das Werk in detaillierten Ausarbeitungen, kann zwar dadurch Tiefe schaffen, aber auch die größeren Zusammenhänge dabei etwas aus dem Auge verlieren. Letztendlich ist das Buch “Außen grün, innen braun” empfehlenswert für alle Nachhaltigkeitsforschenden, um eine deutliche Abgrenzung von rechten Narrativen zu ermöglichen. Auch in Bezug auf Degrowth ist es hilfreich, sich mit den Einfallstoren rechter Argumente in die Debatten auseinander zu setzen.  

 

 

[1] Die Autoren beziehen sich hierbei auf Christian Parenti, welchem zufolge nur in bestehenden Systemen Antworten gefunden werden können, da die Zeit für das Schaffen neuer Institutionen zu rar sei.

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