Wie schon die Tage zuvor ist der Donnerstag in seinem Debatten- und Veranstaltungsreichtum ein Verweis auf die Diversität der Postwachstumsdebatte – und eine persönliche Herausforderung für die Konferenzteilnehmenden.
Dass es im Design von Postwachstumsgesellschaften nicht nur um das Wirtschaften geht, wird am Donnerstagmorgen beim „Gallery Walk zu ›Future Love‹ – Liebe und Paarbeziehungen in Postwachstumsgesellschaften“ zu den Themen polyamouröse Lebens- und Liebesformen, Liebe in Mehrelternfamilien, Co-Parenting und Future Love und freundschaftszentriertes Leben beziehungsweise Liebe in Freundschaften deutlich. Dabei handelt es sich beim Gallery Walk um ein erfrischendes Format, das die Diskussion vom Podium in rotierende Kleingruppen verlagert. So kann auch das gegenseitige Kennenlernen, das durch das volle Konferenzprogramm etwas kurz kommt, in die Veranstaltungen verlegt werden.
Gegen Mittag besuche ich die Keynote „Das andere Ende der Geschichte: Neoliberalismus zum Illiberalismus“ von Philipp Ther, der die aktuelle politische Stärke der europäischen Rechtspopulist/innen in der neoliberalen Wirtschaftspolitik (ost-)europäischer Länder wie Polen und Ungarn nach dem Ende des Kalten Krieges ergründet. Laut Ther ging eine transnationale Konvergenz in Europa durch den Aufschwung osteuropäischer Länder um die Jahrtausendwende mit Divergenzen innerhalb der Länder einher. Schließlich habe die Finanzkrise die Länder schwer getroffen, die Kehrseite der neoliberalen Politik offenbart und zu einem Erstarken von rechtsnationalen Parteien gesorgt.
Am Nachmittag stellt Steffen Lange „Die vorsorgeorientierte Postwachstumsposition: Neuer Konsens oder neuer Konflikt in der Wachstumsdebatte?“ vor. Anita Engels lobt in ihrem Kommentar den Ansatz, der mit guter empirischer Unterfütterung Klarheit im von ihr teilweise als vage empfundenen Postwachstumsdiskurs schaffe. Daraufhin stellt Michael Jakob ein Framework vor, anhand dessen man auch die vorsorgeorientierte Postwachstumsposition in der Wachstumsdiskussion einordnen kann. In der anschließenden Debatte wird die Postwachstumsposition auf ihr analytisches Spektrum abgeklopft und kritisch reflektiert. Moderiert wird die Veranstaltung von Nils aus dem Moore, Ulrich Petschow und David Hofmann.
Als es draußen bereits dunkelt, betont Kal Aiginger in seinem Vortrag „Niedriges Wachstum und die Zukunft Europas“ die Relevanz einer besseren Beziehung zu Ländern des afrikanischen Kontinents, der Bekämpfung des Rechtspopulismus durch Lösungen und klare Strategien sowie eines vielleicht durch die neue Kommission angestoßenen Strategiewechsels hin zu einem European Green New Deal. Seine Aussagen („ohne Growth geht es nicht“) sorgen für eine kontroverse Diskussion mit den Konferenzteilnehmenden im Anschluss an den Vortrag.
Wie jeden Abend offeriert das Festival-Programm „Von Spuren und Träumen einer besseren Welt“ einen ausgewählten Kinofilm („Was kommen wird – Things to come“) und außerdem finden die Konferenzteilnehmenden heute mit „Das große Tanzen – Die Party zur Konferenz“ Gelegenheit, die intensiven Tage zu verarbeiten und das Zusammenkommen im schönen Jena abschließend zu feiern.