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Das Kolleg ‚Postwachstumsgesellschaften‘ in Jena: ein Rückblick auf die Anfangsphase

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Zum Oktober 2011 wurde am Institut für Soziologie die Kollegforschergruppe ‚Landnahme, Beschleunigung, Aktivierung. Dynamik und (De-)Stabiliserung moderner Wachstumsgesellschaften‘ mit Mitteln der Deutsche Forschungsgemeinschaft eingerichtet. In einem Beitrag für das Postwachstumsblog wurden die Grundideen und einige der Fragestellungen des Kollegs bereits kurz vorgestellt. Nach anderthalb Jahren Arbeit ist es nun an der Zeit, auf Aktivitäten und erste Ergebnisse des Kollegs zurückzuschauen.

Das Kolleg als Netzwerk des Austausches

Ein Ziel des ersten Jahres war es, die Arbeit des Kollegs zum einen in Wissenschaftskreisen aber auch jenseits der Universitäten bekannt zu machen und ein Netzwerk zum Austausch aufzubauen.

Nach der Auftaktveranstaltung im Januar 2012 wurden die drei wachstumsgesellschaftlichen Dynamisierungsprinzipien ‚Landnahme‘, ‚Beschleunigung‘ und ‚Aktivierung‘ auf der Tagung „Von Krise zu Krise? Transformation ohne Ende“, die Ende des Sonderforschungsbereichs ‚Gesellschaftliche Entwicklungen nach dem Systemumbruch‘ und den Beginn des Kollegs markierte, vorgestellt und gemeinsam mit Fellows des Kollegs wie Heiner Ganßmann, Elisabeth von Thadden und Frank Deppe diskutiert.

Die dialogische Praxis, deren Wichtigkeit bereits im Forschungsantrag beschrieben wurde, spielte von Beginn an eine große Rolle: 2012 luden wir insgesamt 22 Fellows zu Forschungsaufenthalten und wissenschaftlichem Austausch nach Jena ein. Während ihrer Aufenthalte hielten die Fellows Vorträge bei Tagungen – Beverly Silver war die Keynote-Speakerin auf der Konferenz „Von Krise zu Krise?“  – und in der Kolloquiumsreihe des Kollegs wie z.B. Charles Taylor, Sighard Neckel, Birgit Mahnkopf und He Gaochao. Die Fellows trafen sich außerdem mit den Direktoren und MitarbeiterInnen zu Werkstattgesprächen und Buchworkshops: So gab es einen Workshop mit Nancy Fraser und Rahel Jaeggi zu ‚Crisis, Capitalism, Critique‘, Robert Castel erörterte Konzepte von Prekariat und Prekarität und Brigitte Aulenbacher, Christoph Deutschmann, Uwe Schimank und Stephan Voswinkel diskutierten am Kolleg erste Fassungen der Beiträge für den Sammelband Kapitalismustheorie und Arbeit. Darüber hinaus brachten die Fellows ihre Forschungsschwerpunkte in die Diskussionen des Kollegs ein. Einige Ergebnisse sind in der Working Paper-Reihe des Kollegs dokumentiert.

Von der Landnahme zur Beschleunigung

In den ersten zwei Jahren des Kollegs stand und steht das Konzept der ‚Landnahme‘ im Mittelpunkt der Kollegsarbeit.  Hier liegen inzwischen eine Reihe von Arbeitsergebnissen vor: Ein wichtiger Schritt bestand darin, das Landnahmetheorem systematisch auf Arbeit – Erwerbs- wie Reproduktionsarbeit – zu beziehen. Nachlesen lässt sich dies im Beitrag von Klaus Dörre und Tine Haubner im Sammelband Kapitalismustheorie und Arbeit sowie in Tine Haubners Artikel ‚Landnahme des Sozialen‘ für das Postwachstumsblog.

Sowohl die verschiedenen Veranstaltungen als auch die Fellows trugen dazu bei, dass das Landnahmetheorem in mehrerer Hinsicht weiterentwickelt werden konnte: In einer kontroversen Debatte wurde und wird geprüft, ob und inwieweit sich das Konzept eignet, Bezugspunkt für eine Politische Ökonomie zu sein, die es als Gesellschaftstheorie des Gegenwartskapitalismus zu reformulieren gilt. Darüber hinaus wurde das Landnahmekonzept in einigen Arbeiten systematisch auf die Wachstums- und Krisenproblematik angewandt. Dazu hat Klaus Dörre eine Reihe von Beiträgen veröffentlicht und weitere Arbeiten werden in den nächsten Monaten erscheinen. Nicht zuletzt gibt es den Versuch, das Konzept gesellschaftlicher Bewährungsproben zu nutzen, um die Mikro-Makro-Problematik, die dem Landnahmekonzept inhärent ist, analytisch zu erschließen. Dies wurde bisher exemplarisch anhand der Prekarisierungsproblematik im Austausch mit Robert Castel und bei einer internationalen Tagung in Südafrika diskutiert. Veröffentlicht wurden die Überlegungen in dem Band Bewährungsproben für die Unterschicht? Soziale Folgen aktivierender Arbeitsmarktpolitik.

Im Herbst 2013 wird dann das Konzept der Beschleunigung von Hartmut Rosa neuer Fokus der Kollegsarbeit. Dazu gibt es bereits einen ersten Arbeitsplan, der weiterführende Fragen aufwirft und auch für die nächsten zwei Jahre viele interessante Diskussionen erwarten lässt.

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