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Phosphor: Das Wachstums-Elixier der Landwirtschaft

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Vielen ist „Peak-Oil“ als Begriff bekannt: Die Öl-Fördermenge hat ein Allzeithoch erreicht und ist rückläufig, da es nicht mehr genug leicht zu erschließende Ölfelder gibt. „Peak-Phosphor“ ist als Begriff hingegen noch weitgehend unbekannt, das zugrundliegende Phänomen hat jedoch eine ähnlich tragische Reichweite: Die industrialisierte Landwirtschaft setzt auf gigantische Massen von Kunstdünger, da die ausgelaugten Böden sonst kaum Erträge bieten würden und Phosphor darf hierbei als Bestandteil nicht fehlen. Pflanzen können ohne Phosphor nicht wachsen, dieser ist entscheidend für die satte Blütenpracht und üppige Fruchtbildung. Es gibt jedoch nicht viele große Phosphor-Felder auf der Erde und diese werden irgendwann erschöpft sein.

Der Phosphor liegt natürlich nicht als fertiger Dünger, sondern als das Gestein „Phosphorit“ vor. Dieses muss aufwändig abgebaut und verarbeitet werden, dabei entstehen riesige Mondlandschaften. Da die Bodenlager teils in abgelegenen Regionen liegen, wird das bisher als weniger problematisch wahrgenommen, als das ebenfalls im Gestein enthaltene Uran. Die größten Abbauländer Südafrika, Marokko, Jordanien, China und USA machen es immerhin wie bei anderen Rohstoffen: Zuerst die „Sahnestücke“, die einen besonders hohen Phosphoranteil enthalten, dann der Rest. Und in diesem „Rest“ ist bereits heutzutage so viel Uran enthalten, dass mit dem Phosphordünger, der auf deutsche Felder gelangt, ganze zwei Millionen Haushalte mit Strom versorgt werden könnten. Werden die Felder und damit das Grundwasser mit Uran angereichert, kann das über Jahrhunderte zu einem erhöhten Krebsrisiko und gehäuften Missbildungen führen. Es ist zwar möglich, dieses Uran und auch andere Stoffe vom Phosphor zu trennen. Wegen des nötigen Aufwands passiert das jedoch nur dann, wenn wirklich reines Phosphor benötigt wird. Das ist teilweise in der Lebensmittelverarbeitung der Fall, sowie früher Waschmittel Phosphor enthielten. Dieser wurde letztendlich in sehr großen Mengen in die Nord- und Ostsee geschwemmt. Das führte zu verheerenden Algenblüten, weswegen es bereits zum Schutze der Gewässer sehr wichtig ist, weniger Phosphor in die Flüsse einzuleiten.

Das Problem

Wenn Landwirt/innen ernten und die Früchte von den Feldern tragen, nehmen sie den Phosphor mit. Von diesem gibt es jedoch nicht viel im Boden. Wenn der Phosphor mit jeder Ernte Stück um Stück abgetragen wird, werden die Erntemengen auf Dauer abnehmen. Deswegen bringen Landwirt/innen Phosphor-Dünger auf die Felder, damit die Erträge stimmen. Es gibt dazu zwei Möglichkeiten: Entweder man setzt auf organischen Dünger, dabei kann es kann sich um Dung oder kompostierte Pflanzen handeln. Oder man verwendet Kunstdünger. Dieser ist praktischer zu handhaben, womit Landwirt/innen wirtschaftlicher arbeiten können. Zudem sind Felder oftmals weit abgelegen. Wenn die Feldfrüchte über weite Strecken transportiert werden, wäre der logistische Aufwand zu hoch, den Dung oder die Pflanzenreste und damit den Phosphor wieder zurück zu bringen.

Vor dem Kunstdünger

Den Kunstdünger gibt es noch gar nicht so lange. Dennoch konnten die Landwirt/innen jedes Jahr ernten. Es gab den natürlichen Phosphor-Kreislauf. Das Vieh wurde dezentral gehalten und der Dung wurde auf dem Land verteilt. Zudem war die einstige Landwirtschaft weniger intensiv. Außerdem lebte der Großteil der Menschen auf dem Land, womit auch die menschlichen Ausscheidungen als Phosphorquelle auf dem Land blieben. Wenn doch einiges mit den Abwässern in die Flüsse und dann in den Meeren landete, so kam es mit dem Fischfang wieder zurück an Land. Der Phosphor blieb also weitgehend an den gleichen Orten und konnte immer wieder den Pflanzen als Dünger dienen.

Lösungen zum drohenden Peak Phosphor

Es gibt verschiedene Schätzungen, wann der Peak Phosphor erreicht wird. Je nach Schätzung ist dieser Zeitpunkt schon in der ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts oder erst in 300 Jahren. So oder so wird es sich um einen fließenden Übergang handeln, mit dem der natürliche Phosphor-Kreislauf wiederhergestellt werden muss. Die natürlichen Phosphor-Quellen müssen erneut genutzt werden, um die Felder zu düngen. Neben den Bodenschätzen gibt es vier große Phosphor-Quellen: Menschen, Nutztiere, Fischfang und kompostierte Pflanzen.

Kaum jemand möchte zurück aus den Städten auf das Land. Es wird deswegen schon jetzt daran geforscht, den Phosphor in den Klärwerken zurückzugewinnen. Es gibt bereits einige Techniken, mit denen dies funktioniert, jedoch muss noch daran gearbeitet werden, dass der Aufwand für die Rückgewinnung möglichst gering ist und bedenkliche Giftstoffe im Klärschlamm bleiben. Es hat immerhin seine Gründe, warum Klärschlamm häufig nicht mehr auf die Felder, sondern auf eine Sondermüll-Deponie kommt.

Es wäre jedoch möglich, sich von der industriellen Viehhaltung und auch der Gülle-Wirtschaft zu trennen. Gülle wird durch Regen schnell in die Grundwasserschichten des Bodens eingetragen oder fortgespült. Mist hat demgegenüber aufgrund seiner Humusbildung, mit der Nährstoffe festgehalten werden, die besseren Eigenschaften für den Ackerbau. Wenn das Vieh gut verteilt gehalten wird, können auch leichter genügende Mengen Einstreu bereitgestellt werden, die für den Mist benötigt werden. Wer das Getreide nicht ganz so kurz spritzt, erhält mehr Stroh für die Einstreu. Bei einer dezentralen Haltung in kleineren Beständen würden die Tiere sich in der weiteren Folge gewiss auch erheblich wohler fühlen und mit weniger Medikamenten auskommen.

Und auch wenn Pflanzen kompostiert werden, ist in diesen Phosphor enthalten. Wenn Pflanzenreste und Biomüll kompostiert werden, kann also auch dieser Phosphor zurück auf die Felder finden. Die heutige Öko-Landwirtschaft versucht bereits, Kunstdünger, Spritzmittel und Medikamente zu umgehen. Öko-Landwirt/innen richten sich danach, wie Ressourcen sinnvoll genutzt werden können, ohne sie zu verbrauchen. Es wird etwas weniger intensiv gewirtschaftet, womit Pflanzenreste und Dung vom Vieh bereits als Dünger reichen. Ökologische Landwirtschaft hat immerhin das Grundkonzept, dezentral zu wirtschaften und eine Kreislaufwirtschaft aufzubauen, mit der Mensch, Tier und vor allem das Land geschont werden.

Der Kunstdünger wird natürlich nicht grundlos eingesetzt: Er ist bequemer und wirtschaftlicher. Nach einem Peak-Phosphor wird Phosphor-Dünger jedoch deutlich teurer werden. Das wird die erneute Herstellung der natürlichen Phosphor-Kreisläufe vorantreiben.

Die Frage, ob wir zurück zum natürlichen Phosphor-Kreislauf finden werden, braucht demnach gar nicht gestellt werden – die Ernährung der Menschen ist schließlich davon abhängig. Übrig bleibt daher die Frage, ob es ein sanfter oder harter Übergang wird. Um den harten Übergang mit Hungerphasen zu vermeiden, muss schon heute mit der Umgestaltung zurück zum natürlichen Phosphor-Kreislauf begonnen werden.

Was kann der/die Einzelne beitragen?

Abgesehen von der Freude, seine eigenen Lebensmittel zu erzeugen, kann, wer einen kleinen Stall und großen Garten hat, sogar einen eigenen Phosphor-Kreislauf aufbauen. Mit einer kleinen Hühnerhaltung beispielsweise gibt es Eier, Fleisch und wertvollen Dünger. Die Hühner vertilgen Essensreste und suchen sich ihr Futter zu einem guten Teil selber.

Das Gemüse und Obst kann mit kompostiertem Hühnermist gedüngt werden, um jedes Jahr eine gute Ernte zu erhalten. Zusätzlich kann auch eine „Bio-Toilette“ im Handel erworben und genutzt werden. Auch damit erhalten Gärtner/innen eigenen Dünger. Mit dem Kompost wird der Bio-Müll entsorgt, so wie auch alles an Rasenschnitt oder Grünschnitt im eigenen Garten verbleibt. Auf diese Art können Gärtner/innen dazu beitragen, dass eine Umgestaltung zurück zum natürlichen Phosphor-Kreislauf auf der Mikroebene schon heute begonnen wird.

Wer hingegen einen richtigen Bauernhof betreibt, der kann sich mit der ökologischen Landwirtschaft auseinandersetzen, sich dieser Wirtschaftsform nach und nach annähern oder direkt einen Schritt weiter gehen und auf Bio umstellen. Verbraucher/innen können solche Landwirt/innen unterstützen, indem sie Lebensmittel von ökologischen oder eben Bio-Betrieben bevorzugen.

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