Was kann und was soll Politik tun, um suffiziente Lebensweisen zu erleichtern? Hierzu reicht es nicht, konkrete Randbedingungen und Infrastrukturen – im Bereich Verkehr, Wohnen, Ernährung – zu gestalten. Suffizienzpolitik zielt genauso auf Rahmenbedingungen des Wirtschaftens und die Orientierung an grundlegenden Prinzipien, die das rechte Maß für Zeit und Raum, für Besitz und Markt vermitteln. Ein vierter wichtiger, bisher wenig diskutierter Zugang einer Suffizienzpolitik sind „Ermöglichungspolitiken“. Dies sind Politikbereiche, die Ressourcen für ein suffizientes Leben schaffen können – Arbeits-, Gesundheits- oder Verbraucherpolitiken. Bei diesen Politiken geht es um die Schaffung von Fähigkeiten und Ressourcen, die es dem Individuum ermöglichen, ein gutes Leben zu führen – Ressourcen wie Bildung, Wissen, souveränes und autonomes Orientieren. Diese Politiken stehen heute oft noch im Bann von mehr ökonomischem Wachstum.
In unserem Buch „Damit gutes Leben einfacher wird. Konturen einer Suffizienzpolitik“ gehen wir auf alle vier Politikansätze des Ermöglichens, Rahmens, Gestaltens und Orientierens (E-R-G-O) ein. In diesem Blog-Beitrag zeigen wir die Bedeutung einer breiter gedachten VerbraucherInnenpolitik als Ermöglichungspolitik auf.
Nachhaltigkeit und fairer Handel
Grundpfeiler der aktuellen VerbraucherInnenpolitik sind die Gewährleistung eines funktionierenden Wettbewerbs individueller Schutzrechte sowie Markttransparenz. Das Ziel ist, dass Menschen gute und preiswerte Produkte kaufen können, dass sie dies informiert tun können und dass sie rechtliche Möglichkeiten haben, sich gegebenenfalls zu schützen.
Inzwischen stellen sich der VerbraucherInnenpolitik aber neue Anforderungen: Das Leitbild der Nachhaltigkeit mit seinem weltweiten und generationenübergreifenden Gerechtigkeitsanspruch erfordert, nicht nur das Wohlergehen der einheimischen KonsumentInnen in Betracht zu ziehen, sondern auch die Herstellungsbedingungen der Produkte in den weltweiten Lieferketten.
Die Zeiten des billigen Konsums sind vorbei
Hier hat VerbraucherInnenpolitik die Aufgabe, sich auch international für menschenwürdige Standards und den Schutz von Umwelt und Natur einzusetzen und den VerbraucherInnen die Möglichkeit für einen international verantwortlichen Konsum zu erleichtern. VerbraucherInnenpolitik sollte die KonsumentInnen darauf vorbereiten, dass die Zeiten des billigen Konsums auf Kosten anderer zu Ende gehen, dass höhere Preise bei fairen Bedingungen die Folge sein werden und Einschränkungen in der Menge der Konsumgüter auf sie zukommen werden. Auch durch die Preissteigerungen von Energie und Ressourcen, die wegen zunehmender Ressourcenknappheit und Klimaschutz kommen werden, werden sich Produkte voraussichtlich verteuern.
Hier sollte VerbraucherInnenpolitik nicht generell das Ziel möglichst niedriger Preise für alle verfolgen, sondern sich dafür einsetzen, dass die sozialen Probleme, die sich für einkommensschwache Gruppen ergeben, durch verstärkte Beratung über Einsparmöglichkeiten, neue Finanzierungslösungen und mit Mitteln der Sozialpolitik gelöst werden. Damit verbunden sollte auch eine Politik des stärkeren sozialen Ausgleichs sein.
Eine Vertiefung dessen, wie VerbraucherInnenpolitik als Teil einer umfassenden Suffizienzpolitik aussehen kann, findet sich im Buch „Damit gutes Leben einfacher wird. Konturen einer Suffizienzpolitik„. Die Buchvorstellung findet statt am11. November 2013 um 19.00 Uhr im Auditorium des Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum der Humboldt-Universität, Geschwister-Scholl-Straße 3, 10117 Berlin (direkt am S-Bahnhof Friedrichstraße). Weitere Informationen zur Veranstaltung und zu dem Buch finden Sie hier.