„Weniger Autos sind natürlich besser als mehr. Wir müssen in Zukunft Mobilitätskonzepte verkaufen und nicht nur Autos.“ – äußerte kürzlich Winfried Kretschmann. Er hat Recht.
Wenn wir uns heute mit den meist negativen Folgen der Massenmotorisierung konfrontiert sehen und nach Auswegen und Lösungen suchen, lohnt es sich einen Blick in die Vergangenheit zu werfen. Dabei können wir den folgenden Fragen nachgehen: Worin liegen die Gründe für die enorme Bedeutung des Autos für unsere Mobilität und unseren Lebensstil? Was hat diese Entwicklung, mit deren Folgen wir uns heute befassen müssen, überhaupt erst möglich gemacht? Dabei lassen sich einfache Maßnahmen zur Förderung moderner Mobilität aufzeigen.
In der Nachkriegszeit in Deutschland, insbesondere in der Bundesrepublik, hat die Massenmotorisierung eine zentrale Rolle gespielt, um das Ziel wirtschaftlicher und sozialer Stabilität zu erreichen. Noch ganz frisch war die Erinnerung und Erkenntnis, dass wirtschaftlich instabile Zeiten schnell zu politisch instabilen Zeiten werden können.
Notwendig war also ein Weg, in kurzer Zeit die wirtschaftliche Situation möglichst großer Teile der Bevölkerung zu verbessern. Denn wirtschaftliche Stabilität bedeute auch politische Stabilität, so der Plan. Die Massenmotorisierung wurde so (übrigens mit breitem Konsens der Bevölkerung) zu einem der wichtigsten Instrument der Wirtschafts- und der Sozialpolitik.
Mit der Förderung des Autos war die Schaffung vieler neuer Arbeitsplätze verbunden. Denn die Autos mussten gebaut und verkauft werden. Und gingen sie kaputt, bedurfte es Werkstätten, um sie zu reparieren. Die Autos brauchten Straßen, auf denen sie kreuz und quer durch das Land fahren konnten. All dies bedeutete neue Arbeitsplätze. Und das Auto machte aus Menschen tatsächlich zufriedenere Menschen.
Heute kann man sagen: Der Plan ist aufgegangen, das Auto hat seine Aufgabe erfüllt, dies aber mit erheblichen Nebenwirkungen auf Umwelt, Klima und Mensch. Dringend notwendig ist jetzt eine Veränderung, die Umsetzung neuer Mobilitätskonzepte. Nicht wenige sehen sogar einen grundlegenden Paradigmenwechsel für erforderlich an. Wobei die Konzepte für eine zukunftsfähige umwelt- und klimaschonende und sozialverträgliche Mobilität gar nicht so neu sind. Die wirkungsvollsten Strategien für weniger Autoverkehr sind generell sehr einfach und allgemein bekannt.
Beispielsweise die stärkere Förderung des Radverkehrs. Nicht gerade neu und innovativ, dafür aber höchst wirkungsvoll. Bereits heute könnte eine Vielzahl der Autofahrten in den Städten mit dem Fahrrad zurückgelegt werden, wenn nur die Bedingungen für das Radfahren besser wären. Die Stadt Karlsruhe hat gezeigt, wie es gehen kann. Mit der konsequenten Umsetzung des von der gesamten Kommunalpolitik getragenen 20-Punkte-Programms zur Förderung des Radverkehrs steigt die Nutzung des Fahrtrads in Karlsruhe seit Jahren an und dies in erster Linie zu Lasten des Autos. Oder der Ausbau der Öffentlichen Verkehrsmittel. Hier kann man sich unter anderem in Freiburg davon überzeugen, wie attraktiv Busse und Bahnen sein können, wenn Politik und Planung an einem Strang ziehen. Und der bereits heute schon hohe Anteil der ÖPNV-Nutzung in der Stadt soll mit dem neuen Verkehrsentwicklungsplan nochmals erhöht werden. Auch dies zu Lasten des Autos.
Warum sollten neue oder bewährte Mobilitätskonzepte zukünftig nicht die gleiche Bedeutung für wirtschaftliche und soziale Stabilität erlangen wie das Auto in der Vergangenheit? Der Ausbau der erneuerbaren Energien hat es vorgemacht. Vor wenigen Jahren noch abgetan und belächelt, arbeiten heute viele Menschen in dem Bereich. Umdenken und scheinbar Bewährtes zu ändern kann ein Gewinn und muss kein Verlust sein.
Dipl.-Geogr. Ulrich Jansen
- Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Forschungsgruppe Energie-, Verkehrs- und Klimapolitik am Wuppertal Institut (seit 2007)
- Forschungsschwerpunkte: Entwicklung des ÖPNV in städtischen und ländlichen Räumen, Mobilitätsaspekte regionaler und kommunaler Klimaschutzkonzepte sowie die Auswirkungen verkehrlicher Klimaschutzmaßnahmen des Bundes auf Nordrhein-Westfalen.
- Studium der Geographie, Städtebau und Bodenkunde an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn
- 2004 bis 2007 Projektbearbeitung und Projektleitung beim Verkehrsclub Deutschland (VCD) in Bonn und Berlin
Ich fahre lieber mit dem Porsche als mit der Stassenbahn.