Standpunkte

Anders Wachsen – der Diskurs um Wachstum in der Evangelischen Kirche

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Die Initiative „anders wachsen“ hat es sich zur Aufgabe gestellt innerhalb der evangelischen Kirche und von dieser in die Gesellschaft hineinwirkend, die Frage aufzuwerfen, welche Alternativen es zum Wachstumszwang gibt. Mit diesem Beitrag soll ein Einblick in den innerkirchlichen Diskurs um Wachstum gegeben werden.

Es ist auffällig, dass die Kirchen sich nicht öffentlich zu der Arbeit der Enquetekommission geäußert haben (auch nicht inoffiziell). Als die Theologen Walter Lechner, Tobias Funke, Bernd Winkelmann und ich die Initiative „anders wachsen“ im März 2010 gründeten, lag das Thema auch in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) bereits in der Luft. Die EKD hatte 2009 in ihrer Denkschrift „Umkehr zum Leben“ formuliert: „Eine Lebens- und Wirtschaftsweise, die auf ständiges Wachstum setzt, ist nicht nur gefährlich und unverantwortlich, sondern leugnet auch die von Gott geschaffene heilsame Endlichkeit des Menschen.“

Dies war aber in der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen worden und die EKD ihrerseits hat dies auch nicht mit Nachdruck in die Öffentlichkeit befördert. Sie hat auch nicht öffentlich protestiert, wenn die Politik das Wirtschaftswachstum als Motor für Wohlstand propagierte und tut das bis heute nicht.

Die Kirchen müssen der Wachstumsideologie widersprechen

Deshalb forderten wir die EKD mit einer Unterschriftenaktion auf, eine breite Öffentlichkeitskampagne zu initiieren, die bis in die kleinste Gemeinde deutlich macht, dass wir als Kirchen in der Bundesrepublik der Wachstumsideologie widersprechen und mit dazu beitragen, Alternativen zu entwickeln, zu befördern und bekannt zu machen.

Mit dieser Forderung appellierten wir auch an die Mitglieder der Enquete-Kommission sowie an alle Bundestagsfraktionen, sach- und zielorientiert auf ein erfolgreiches, ehrgeiziges und auf konkretes politisches Handeln hinzielendes Kommissionsergebnis hinzuarbeiten – damit die eigentliche Arbeit an der Umsetzung von Alternativen beginnen kann.

Die hohe Resonanz und Zustimmung, die unsere Initiative in der Kirche und darüber hinaus erfährt, belegt die Bereitschaft der Bevölkerung, Alternativen zum Wirtschaftswachstum zu denken und mit Leben zu füllen.

Für die Kirche ist es Zeit zu handeln

Auch als Antwort auf unsere Initiative wurde auf der EKD-Synode im November 2012 bekannt gegeben, dass 2014 das Thema „Wachstum“ mit der thematischen Arbeit im Rahmen der Lutherdekade „Reformation und Politik“ verbunden werden soll.

Zweifellos ist das Themenjahr 2014 eine ideale Gelegenheit. „Doch dazu braucht es den Mut und den Willen, unter Einbeziehung der Basis und der dort vorhandenen Erfahrung pointiert,  provokativ und prophetisch die Agenda der gesellschaftlichen Debatte mitzubestimmen und so in der Breite ein Umdenken zu ermöglichen“ (Zitat Walter Lechner, Initiator anders wachsen). Die EKD hat kürzlich ein Themenheft zum Themenjahr 2014 „Reformation und Politik“ herausgegeben. Darin sind interessante Impulse zu lesen. Die Stellungnahmen der EKD und anderer Initiativen und Bewegungen werden freilich nicht zitiert, wohl aber wichtige Hinweise darauf, warum es endlich an der Zeit für die Kirche ist zu handeln.

Aber das wissen wir doch schon. Nach wie vor warten wir deshalb darauf, dass die EKD entsprechend dem Ratsbeschluss das Anliegen von „anders wachsen“ aufnimmt und umsetzt.

Unser Hauptziel ist eine breite Öffentlichkeitskampagne der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zum Thema „Wachstum“

Das Hauptziel von „anders wachsen“ ist und bleibt eine breite Öffentlichkeitskampagne der EKD zum Thema „Wachstum“. Wir halten es für erforderlich, dass die Evangelische Kirche in Deutschland ihre wichtigen Erkenntnisse zu einer „Ethik des Genug“ und zur Definition von „gutem Leben“ in ausreichendem Maß öffentlichkeitswirksam in die Gesellschaft einbringt. Die Kirchgemeinden sollten unserer Meinung nach beispielhaft wirken. Deswegen entwickeln wir gerade ein Konzept für eine „anders wachsen Gemeinde“

Nun, nach dem Abschluss der Arbeit der Enquetekommission heißt es für uns, und besonders für mich als Pädagogin, die Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft weiter voranzutreiben, aber  gleichzeitig an den Kämpfen der sozialen Bewegungen teilzunehmen, damit entsprechende Richtlinien in der Politik umgesetzt werden. Dabei müssen wir uns vor allem den Fragen stellen: Verändert ein anderer Lebensstil die Gesellschaft beziehungsweise die Politik oder welche politischen Rahmenbedingungen (z.B. für nachhaltigen Konsum) müssen geschaffen werden, damit die Alternativen aus ihren Nischen heraus treten können?

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