Zu den größten Herausforderungen unserer Zukunft gehören Umweltschutz, die Verringerung von Armut und der Kampf für mehr ökonomische und soziale Gleichheit. Diese Herausforderungen müssen wir bewältigen, wenn wir in den nächsten Jahrhunderten auf einem friedlichen und lebenswerten Planeten leben und langfristig den wirtschaftlichen Wachstumszwang überwinden wollen. Ein erster Schritt sind die 17 Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen. Diese Ziele lösen die acht Millenium Development Goals (MDGs) ab, die die globale Gemeinschaft bis zum Zieljahr 2015 nur teilweise erreicht hat.
SDGs: Konkreter, aber unverbindlich
Diese Erfahrung hat uns gelehrt, dass die Ziele der neuen Agenda 2030 präziser sein müssen. Deshalb wurde nicht nur die Anzahl der Ziele erhöht – auch ihre Inhalte sind nun konkreter. So haben wir beispielsweise jetzt fünf SDGs, die verschiedene Umweltprobleme adressieren, während es vorher mit dem MDG 7 (Ökologische Nachhaltigkeit) nur ein einziges Ziel gab.
Die SDGs sind ein erster Schritt – aber ihre Existenz alleine reicht nicht. Die Umsetzung ist freiwillig, wodurch sie eher Empfehlungen gleichen als Richtlinien. Deshalb brauchen wir Initiativen, welche die Umsetzung der Ziele in Wirtschaft und Gesellschaft ermöglichen – so impliziert es auch das 17. SDG, das zur Bildung von Partnerschaften zur Erreichung der Ziele aufruft. Insbesondere muss der Privatsektor involviert werden, denn der Beitrag der Unternehmen wird entscheidend sein für die Gesamterreichung der Ziele.
Gemeinsam gegen die klimatischen und sozialen Herausforderungen in Antioquia
Eine solche Initiative ist Antioquia Sostenible (dt.: Nachhaltiges Antioquia). In dem Bundesstaat Kolumbiens mit der zweitgrößten Einwohnerzahl und der Hauptstadt Medellín widmen sich Organisationen aus der Region den SDGs und ihrer Umsetzung. Sie stammen aus dem öffentlichen und sozialen Sektor, mehrheitlich aber aus dem privaten Sektor. Besonders stark vertreten sind hier Unternehmen des Zusammenschlusses „Grupo Empresarial Antioquieño“ (dt: Unternehmensgruppe aus Antioquia) aus mehreren Großunternehmen, deren Wertschöpfung zusammen etwa sechs Prozent des BIPs Kolumbiens ausmacht. Aber auch viele kleine und mittelständische Unternehmen suchen über das Projekt nach Wegen, ihre Geschäftsmodelle nachhaltig zu gestalten.
Die Haupteinnahmequelle von Medellín ist zurzeit die Energiegewinnung aus Wasser über das staatliche Unternehmen EPM. Eine der drängendsten Fragen in Antioquia ist deshalb, wie eine schonende Energiewende gelingen kann und die Wasserquellen zukünftig geschützt werden. Ihnen widmet sich hauptsächlich der bereits verabschiedete öffentliche Umweltplan „Plan Bio2030“. Als eine Folge des starken wirtschaftlichen Wachstums der letzten Jahre hat Medellín zudem mit der höchsten Luftverschmutzung im Land zu kämpfen, weshalb ein besonderer Fokus auf jenen SDGs liegt, die auf die Reduzierung von CO2-Ausstößen abzielen. Zudem stellt sich die Frage nach der Entwicklung hin zu einer nachhaltigeren und sozialen Wirtschaft in einer Region, in der bislang Bergbau und extensive Landwirtschaft die wesentlichen Wachstumsmotoren waren.
Das Projekt Antioquia Sostenible ist ein Prozess, der sich über mehrere Jahre erstreckt. Zum Auftakt schafft er 2016 zunächst Wissen und Bewusstsein über die SDGs und hilft, eigene Strategien zur Umsetzung zu entwickeln. In fünf Zyklen werden jeweils unterschiedliche SDGs mit Seminaren und interaktiven Workshops adressiert. Organisationen aus den drei Sektoren können sich in einem offenen Lernprozess austauschen, Aktionen koordinieren und Partnerschaften bilden. Zudem lernen sie, wie sie ihren Beitrag zu den SDGs messen und darüber berichten können.
Im ersten Zyklus zwischen März und Mai haben die jeweiligen Sektoren zunächst jene SDGs identifiziert, die für sie besonders relevant sind. So konnten daraufhin Prioritäten für die Implementierung abgeleitet werden. Der zweite Zyklus widmet sich aktuell den „planetenbezogenen“ Zielen 11-15. Bei der Auftaktveranstaltung im Juni unterstützte Gastredner Marc Levy vom Earth Institute der Columbia University das Projekt. Er betonte, wie wichtig die Nutzung von Daten bei der Umsetzung der Ziele ist. Bündnisse wie Antioquia Sostenible würden helfen, einen gemeinsamen Datenpool über die Indikatoren zu generieren. Mit diesem könnten dann die akkumulierten Fortschritte einer gesamten verfolgt werden.
Parallel zu den Veranstaltungen bildet Antioquia Sostenible internationale Allianzen und baut eine Plattform auf, die Informationen über Antioquias Fortschritt bei jedem SDG sammelt und bereitstellt. Langfristige Ziele des Bündnisses sind ein konsolidierter Bericht über den Gesamtbeitrag Antioquias zur globalen Entwicklungsagenda und die Schaffung eines ökologisch und sozial verantwortungsvollen Bundesstaats. Es soll Vorreiter für die Umsetzung der SDGs in Lateinamerika sein und auch in anderen Regionen etabliert werden.
Organisiert wird das Projekt von Innove, einem Nachhaltigkeits-Thinktank aus Medellín, in Zusammenarbeit mit zwei größeren Stiftungen sowie zwei lokalen Universitäten.