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Kollaborativ Wirtschaften

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Urban Gardening Projekte, offene Werkstätten, Projekte zur Lebensmittelrettung – dies sind Beispiele, anhand derer Manuel Lehmann die Frage stellt, welches Potenzial Ansätze kollaborativen Wirtschaftens für eine nachhaltige Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft haben. In seinem Buch „Kollaborativ Wirtschaften – Mit der Methode des Community Organizing zu einer zukunftsfähigen Ökonomie“ stellt er insgesamt sechs Initiativen aus Zürich vor, die in unterschiedlichen Bereichen aktiv sind. Das Buch ist eine Mischung aus einem Forschungsbericht auf der einen und einem persönlichen Erfahrungsbericht auf der anderen Seite. Der Forschungsbericht basiert auf einem einführenden Kapitel zu nachhaltiger Entwicklung, einer theoretischen Auseinandersetzung mit verschiedenen gemeinschaftsorientierten Methoden der Sozialen Arbeit und dem Konzept des kollaborativen Wirtschaftens sowie den Ergebnissen aus leitfadengestützten Interviews mit Vertreter*innen von kollaborativ wirtschaftenden Organisationen in Zürich. Der persönliche Erfahrungsbericht speist sich aus der Tätigkeit des Autors in einer Nichtregierungsorganisation (ebenfalls mit Sitz in Zürich), die nach der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 alternative und nachhaltigere Wirtschaftsmodelle in den Blick nimmt.

Diese Mischung macht das Buch natürlich leichter zugänglich als einen reinen Forschungsbericht, andererseits macht es den Text länger, als es für die Übermittlung der Kernaussagen erforderlich wäre. Dass der Text wenig kompakt ist, zeigt sich auch an der Dichte der Quellen: bei ca. 130 Seiten Text sind 67 Quellen ausreichend, zeugen aber nicht von einer abschließenden Auseinandersetzung mit den behandelten Themen. So macht beispielsweise das einführende Kapitel zu nachhaltiger Entwicklung den Eindruck einer wenig kritischen Zusammenfassung der Bemühungen der Vereinten Nationen in diesem Gebiet, sowie der Aktivitäten der Schweiz auf nationaler bzw. regionaler Ebene. Neu für Leser*innen dürfte hier jedoch die Darstellung der Einbeziehung der (Schweizer) Zivilgesellschaft in die Prozesse zur Förderung nachhaltiger Entwicklung sein.

Wer aufgrund des Untertitels „Mit der Methode des Community Organizing zu einer zukunftsfähigen Ökonomie“ eine intensive Darstellung und Auseinandersetzung mit dem Ansatz des Community Organizing erwartet, wird leider enttäuscht. Die neben den Ansätzen der Gemeinwesensarbeit und soziokulturellen Animation auf nur fünf Seiten stattfindende Einführung in das Konzept des Community Organizings kann hier dem Untertitel des Buches nicht gerecht werden.

Darüber hinaus hätte eine übersichtlichere und präzisere Darstellung die Lesbarkeit des Buches verbessern können. Ergebnisse einer qualitativen Forschung strukturiert und prägnant darzustellen, ist zwar wegen der einzelfallspezifischen Besonderheiten immer herausfordernd. Jedoch bleibt daneben auch mindestens eine der drei anfangs genannten Forschungsfragen der Arbeit unbeantwortet. Dies hinterlässt den Eindruck, als würde sich das Buch von Anfang an zu viel vornehmen und den genauen Gegenstand der Untersuchung zu unspezifisch lassen, was zwangsläufig zu einer nur an der Oberfläche möglichen Bearbeitung durch den Autor führt.

Abschließend werden im Buch Handlungsempfehlungen für die Förderung des Community Organizings als Methode zur Stärkung kollaborativen Wirtschaftens im Raum Zürich formuliert. Diese sind aufgrund der spezifischen Situation jedoch nicht so einfach auf andere Kontexte übertragbar. Stattdessen ist es wichtig, an jedem anderen Ort und zu jedem anderen Zeitpunkt eine entsprechende Situationsanalyse durchzuführen, um Handlungsoptionen entwickeln zu können.
Für Personen aus dem Bereich der Sozialen Arbeit mit Schwerpunkt Community Organizing zur Förderung nachhaltiger Projekte im Stadtkontext ist die Lektüre des Buchs zur Illustrierung anderer Kontexte sicherlich interessant, als Einführung in das Community Organizing für nachhaltige Entwicklung eher nicht zu empfehlen.

 

Manuel Lehmann (2017): Kollaborativ Wirtschaften. Mit der Methode des Community Organizing zu einer zukunftsfähigen Ökonomie, München: oekom verlag.

Anja Höfner hat Soziologie (B.A.) und Nachhaltigkeitsökonomik (M.A.) studiert und arbeitet als Forschungsassistenz am Institut für ökologische Wirtschaftsforschung zu dem Thema Digitalisierung und sozial-ökologische Transformation. In bisherigen Forschungsarbeiten hat sie sich mit den Themen Commons und kollaborativer Ökonomie beschäftigt.

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