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Wenn Fluggesellschaften für Flugverzicht werben

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Der Luftverkehr belastet das globale Klima. So trägt die Luftfahrtbranche schon heute etwa fünf Prozent zur weltweiten Klimaerwärmung bei (Lee et al. 2009). Und dem Luftverkehr wird weiteres Wachstum vorausgesagt. Pro Person gerechnet verursacht z. B. ein Flug von Deutschland auf die Malediven und zurück eine Klimawirkung von über fünf Tonnen CO2 (UBA 2019) – das ist mehr als doppelt so viel, als laut Weltklimarat jeder Mensch insgesamt pro Jahr emittieren darf. Es ist also eindeutig: Fliegen ist die klimaschädlichste Art der Fortbewegung.

Die Fluggesellschaft KLM ruft derzeit in der Kampagne „Fly responsibly“ dazu auf, bewusster zu fliegen. Neben CSR-Aktivitäten, wie der Erzeugung und Verwendung von Biotreibstoff oder der Reduktion von Verpackungsmüll geht es dem Unternehmen darum, die Zahl der Flüge zu verringern. In dem zur Kampagne gehörenden Video wird gefragt: „Müssen Sie sich immer persönlich treffen?“ und „Könnten Sie nicht auch mit dem Zug fahren?“. Die Botschaft ist also: weniger fliegen! Wenn das Fliegen tatsächlich unvermeidbar ist, rät KLM ihren Fluggästen, die CO2-Emissionen zu kompensieren oder mit leichtem Gepäck zu reisen.

Wenn Unternehmen mit ihren Kommunikationsaktivitäten suffizientes Konsumverhalten unterstützen, stehen sie damit für ihre unternehmerische Verantwortung für die Gesellschaft ein. Die Stärkung der Nachhaltigkeitswirkungen des eigenen Handelns und die Steigerung des Wohlbefindens des Einzelnen sind eher altruistisch geprägte Gründe dieser Unternehmen (Gossen et al. 2019). Strategische Motive, wie der Aufbau von Image und Reputation, die Etablierung einer guten Kund/innenbeziehung, die Erschließung neuer Geschäftsfelder und Kund/innensegmente und dadurch nicht zuletzt positive Auswirkungen auf den Umsatz sind dabei von ebenso großer Bedeutung (ebd.).

Wie ist vor diesem Hintergrund die suffizienzorientierte Kommunikation von KLM zu bewerten? In Zeiten von „Flugscham“, den „Fridays for future“-Protesten junger Menschen und ambitionierten Plänen der grünen Politik, eine Kerosinsteuer auf Inlandsflüge einzuführen, erscheint die Kampagne von KLM nur zeitgemäß. Und vielleicht ergibt sich daraus ein strategisches Alleinstellungsmerkmal. Denn für umweltbewusste Menschen, die gelegentlich fliegen müssen, ist eine Fluggesellschaft attraktiver, die sich öffentlich für Umweltschutz einsetzt. Fest steht trotzdem, dass das Fliegen an sich niemals nachhaltig sein wird. Sich darüber bewusst zu sein und über Alternativen zum Fliegen nachzudenken, ist ein erster Schritt in Richtung von suffizientem Reiseverhalten. Wenn KLM mit ihrer Kampagne dazu beiträgt, ist das begrüßenswert.

Weitere Artikel zur aktuellen Debatte sind hier zu finden.

Literatur:

Gossen, Maike, Florence Ziesemer und Ulf Schrader (2019): Why and How Commercial Marketing Should Promote Sufficient Consumption: A Systematic Literature Review. Journal of Macromarketing

Lee, David S., David W. Fahey, Piers M. Forster, Peter J. Newton, Ron C.N. Wit, Ling L. Lim, Bethan Owen und Robert Sausen (2009): Aviation and global climate change in the 21st century. Atmospheric Environment 43. 3520–3537. doi:10.1016/j.atmosenv.2009.04.024

UBA (2019): Umwelttipps für den Alltag: Flugreisen. URL: https://www.umweltbundesamt.de/umwelttipps-fuer-den-alltag/mobilitaet/flugreisen#textpart-1 (30.7.2019)

1 Kommentare

  1. Stefan Kruijer sagt am 26. Oktober 2019

    Wieso steht fest, dass das Fliegen an sich niemals nachhaltig sein kann? Sorry, ich befürchte in der Absolutheit ist die Aussage extrem unwissenschaftlich.
    Grüße, Stefan

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