Standpunkte

Suffizienzmarketing als Baustein des Wandels

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Vor wenigen Tagen erschien hier eine Kritik meines vorhergegangenen Beitrags, in dem ich die Kampagne „Fly responsibly“ von der Fluggesellschaft KLM als Beispiel für suffizienzorientiertes Marketing diskutiere. Lukas Warning ist der Meinung, dass ich damit ein schlechtes Beispiel gewählt habe. Darauf möchte ich mit drei Entgegnungen reagieren.

1. Unumstritten ist, dass sich die Wirtschaft dekarbonisieren muss und sich Unternehmen, die ein klima- und umweltschädliches Angebot machen, zwingend wandeln müssen. Unumstritten ist auch, dass Fluggesellschaften diesbezüglich nicht zu den Pionieren des Wandels zählen. Und dennoch belegt die KLM-Kampagne aus meiner Sicht eine neue Stufe der unternehmerischen Verantwortungsübernahme. Verantwortung für ein Produkt- und Dienstleistungsangebot zu übernehmen, das es Konsument*innen ermöglicht, suffiziente Konsumentscheidungen zu treffen. Und im Rahmen ihrer Marketing- und Kommunikationsmöglichkeiten für die Notwendigkeit von suffizientem Konsum zu sensibilisieren. Denn vielmehr als die Frage, ob die Kampagne Greenwashing ist oder nicht, finde ich relevant, was sie bewirkt. Wenn Menschen dadurch aufgerüttelt werden und tatsächlich ihre Konsumentscheidungen hinterfragen, wenn sie dadurch über Alternativen zum Fliegen oder zum Neukauf nachdenken, wenn sie mit anderen darüber sprechen – dann finde ich das erst mal begrüßenswert. Vor allem, wenn diese Menschen zu den Bevölkerungsgruppen zählen, die nicht sowieso schon zur nachhaltigkeitsbewegten Blase gehören, sondern die vielleicht (auch dank der Reichweite und Sichtbarkeit der Werbung großer Konzerne wie KLM) auf das Thema Konsumverzicht stoßen, das in ihrer Lebenswelt ansonsten keine Rolle spielt.

2. Damit wären wir bei den Konsumentinnen und Konsumenten. Lukas Warning konstatiert, dass suffizienzorientierte Kommunikation die Verantwortung für die Klimakrise und ihre Lösung auf das Individuum schiebt. Unternehmen würden sich so um die eigene Verantwortung drücken. Aber nachhaltigen Konsum erreichen wir nur, wenn wir das Prinzip der geteilten Verantwortung ernst nehmen. Es braucht staatliche Rahmensetzung, also Gesetze, Verbote und Förderung. Es braucht aber auch Wirtschaftsakteure, die ein nachhaltiges Angebot entwickeln und auf den Markt bringen, und die Konsumentinnen und Konsumenten, die dieses Angebot wahrnehmen. Dies legitimiert aus meiner Sicht Marketingmaßnahmen, die auf die Förderung von suffizientem Konsum abzielen.

3. Als letzten Punkt möchte ich betonen, dass suffizienzfördernde Kommunikation nicht losgelöst von den sonstigen Unternehmensaktivitäten stehen darf. Denn sonst handelt es sich tatsächlich um Greenwashing. Die öffentlich zugänglichen Informationen über KLM lassen meiner Meinung nach den Schluss zu, dass sich das Unternehmen glaubhaft bemüht, alternative Treibstoffe zu entwickeln, den Verpackungsmüll an Bord der Flugzeuge zu reduzieren, im Bereich der politischen Einflussnahme für eine internationale Kerosinsteuer zu argumentieren, und einiges mehr.

Wenn diese Argumente weiterhin nicht überzeugend sind, möchte ich auf die aktuelle Kampagne des Bio-Supermarkts BIO COMPANY hinweisen, der mit dem Spruch “Kauf weniger” wirbt und Tipps gibt, wie im Lebensmittelbereich weniger eingekauft werden kann. Ich kenne viele Menschen, die dadurch angeregt über ihren persönlichen Konsum ins Grübeln gekommen sind und ich bin sicher, dass die BIO COMPANY auch in anderen Bereichen als nachhaltigkeitsorientiertes Unternehmen einzuschätzen ist. Wenn dieses Beispiel anschlussfähiger an die von Lukas Warning vertretene Wachstumskritik ist, dann lasse ich mich gerne davon überzeugen, dass es das bessere Beispiel ist.

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  1. Ich stimme Maike zu, dass Suffizienz als Teil einer starken Nachhaltigkeitsstrategie für Unternehmen nicht fehlen darf! Und als Kontaktpunkt zwischen Unternehmen und Konsumenten steht das Marketing dabei besonders im Fokus. Natürlich sollten wir hinterfragen, welche tatsächlichen Effekte diese Art von Kommunikation bei den Konsumenten bewirkt – doch ohne sie wird nichts bewirkt.

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