Aktuelle Berichte

Nachhaltigen Wandel wirkungsvoll kommunizieren

Schreibe einen Kommentar

Sozial-ökologische Nachhaltigkeit und die Notwendigkeit von Veränderungen in unserer Art zu wirtschaften verständlich und praxisnah zu kommunizieren ist keine leichte Aufgabe. Der gemeinnützige Verein Zukunftsfähiges Thüringen e.V. versucht genau das mit seiner erfolgreichen Wanderausstellung WEGE IN DIE ZUKUNFT – für Dich und die Welt. In diesem Artikel stellt der Verein die Ausstellung vor und lädt dazu ein, Veränderung im Alltag anzustoßen.

Nachhaltigkeit. Der Begriff rückte die letzten Jahre immer stärker in die öffentliche Wahrnehmung. Mittlerweile wird er nicht selten inflationär verwendet. Grund dafür ist nicht zuletzt die fehlende Einigkeit bei der Begriffsdefinition. Wenn wir von Nachhaltigkeit sprechen, dann beschreiben wir damit kein festes Objekt, eine Entwicklung oder ein Ereignis. Vielmehr handelt es sich um eine normative (Leit-)Idee und eine Forderung, die auf verschiedenen Prinzipien aufbaut (Hoppe; Wolling 2017). Neben der Verknüpfung von Umweltthemen mit sozialen, ökonomischen und kulturellen Aspekten zählen hierzu auch das Vorsorgeprinzip sowie das Prinzip der Intra- und Intergenerationengerechtigkeit. Je nach Kontext fällt dabei immer wieder auf, wie unterschiedlich gewichtet diese Prinzipien verwendet und kommuniziert werden. Während beispielsweise eine Umweltschützerin, die die Folgen des Klimawandels im Blick hat, ihre Ausführungen stärker nach dem Prinzip der Intergenerationengerechtigkeit (den Planeten „enkeltauglich“ machen) ausrichtet und die ökologischen Auswirkungen, wie das Sterben der Artenvielfalt, betont, wird eine Soziologin Themen wie die Massenproduktion von Kleidung (Fast-Fashion-Trend) unter wirtschaftlichen und sozialen Aspekten betrachten und Intragenerationen(un)gerechtigkeit und menschenunwürdige Arbeitsbedingungen kritisieren. Die Fokussierung auf einzelne Teilaspekte von Nachhaltigkeit lässt sich meist nicht vermeiden, will man komplexe Zusammenhänge möglichst kompakt und verständlich einer breiteren Masse kommunizieren. Eine Herausforderung, mit der sich Wissenschaftskommunikation im Allgemeinen immer wieder konfrontiert sieht.

Erkenntnisse aus Wissenschaft und Forschung stärken seit Jahrzehnten das Problembewusstsein für diverse Themen im Bereich der Nachhaltigkeit und doch bleiben größere Veränderungen weiterhin aus (Trümper; Beck 2021). Auch wenn nachhaltige Transformationsprozesse immer wieder angestoßen und auch politisch durch diverse Akteur:innen eingefordert werden, bleibt ein Widerstand in der Bevölkerung zu spüren, insbesondere dann, wenn präventive Maßnahmen z.B. zum Ressourcenschutz in der breiten Öffentlichkeit diskutiert werden. Besonders in den sozialen Medien zeigt sich die Ablehnung gegen alles, was „Grüner“ Politik zugeordnet werden kann. Forschung und Wissenschaft stoßen immer stärker auf Misstrauen und Ablehnung. „Alternative“ Realitäten, in denen (menschengemachter) Klimawandel als Lüge propagiert wird, blockieren Transformationsprozesse und den Wandel, den es braucht, um den Planeten zukunftsfähig zu machen.

Was also tun, wenn die Probleme und Krisen, mit denen wir uns konfrontiert sehen, nur gemeinschaftlich angegangen werden können? Wie kommunizieren wir die Notwendigkeit eines nachhaltigen Wandels und schaffen es, möglichst viele daran teilhaben zu lassen?

Kreative Formate statt sturer Wissens- und Informationsvermittlung – Die Wanderausstellung „WEGE IN DIE ZUKUNFT – für Dich und die Welt“

Die Frage nach dem „Wie“ stellt sich auch Zukunftsfähiges Thüringen e.V.. Seit seiner Gründung entwickelt der Verein im Rahmen diverser Projekte verschiedene Formate und Angebote zur Wissensvermittlung. Sie verfolgen das Ziel, Menschen dazu zu befähigen, Transformationsprozesse zu verstehen und ihr Wissen auch reflektiert anzuwenden, indem sie Veränderung selbst leben und politisch einfordern (transformative literacy). Neben klassischen Broschüren verleiht der Verein Nachhaltigkeitsspiele, die sich an diverse Zielgruppe richten, bietet Dialogformate an und setzt zusammen mit Netzwerkpartner:innen partizipative und kreative Veranstaltungskonzepte um. Die Entwicklung und Durchführung dieser Formate fußt in der Kritik an „klassischer“ Nachhaltigkeitskommunikation, bei der Aufklärungsarbeit durch sture Wissens- und Informationsvermittlung betrieben wird, die nicht wenige Menschen von vorneherein ausschließt. Soll ein nachhaltiger Wandel gelingen, braucht es partizipative, kreative und dialogische Formate, mit denen man verschiedenen Zielgruppen begegnen und sie mit ins Boot holen kann, um die Transformation gemeinsam zu gestalten (Trümper; Beck 2021).

Ein zentrales und umfangreiches Kommunikationsinstrument ist die 2019 im Rahmen des Projekts Regionale Netzstellen Nachhaltigkeitsstrategien Mitte (RENN.mitte) vom Verein Zukunftsfähiges Thüringen und Partner:innen entwickelte Wanderausstellung „WEGE IN DIE ZUKUNFT – für Dich und die Welt“. Wie der Name verrät, handelt es sich bei der Wanderausstellung um keine feste Installation. Sie konnte bisher an über 30 Orten erlebt werden und wird auch weiterhin an Einrichtungen wie Städte, Gemeinden, Vereine, Kirchen, Museen und Betriebe verliehen. Eine Unternehmung, die mit nicht geringem Aufwand verbunden ist, aber ein klares Ziel verfolgt: Neue Räume einnehmen mit dem Thema Nachhaltigkeit und Raum schaffen für Austausch und Diskussion. Die Ausstellung ist so konzipiert, dass sie dem Publikum eine (inter-)aktive Auseinandersetzung mit ihren Inhalten ermöglicht. Statt einer klassischen Führung werden Workshops angeboten, in denen Besucher:innen von passiven Konsument:innen zu aktiven Teilnehmenden gemacht werden. Wichtig ist es, hier kein umfangreiches Wissen vorauszusetzen, sondern möglichst niedrigschwellig und flexibel bei den Erfahrungen und Kenntnissen der Teilnehmenden anzusetzen. Das Begleitmaterial zur Ausstellung beinhaltet eine umfangreiche Methodensammlung, um die jeweiligen Standorte in der Umsetzung der Workshops zu unterstützen.

Verschiedene Themen-Module zeigen Wege in die Zukunft

Die Wanderausstellung baut auf dem Konzept der „starken Nachhaltigkeit” auf, ein Gegenentwurf zum einfachen „Drei-Säulen-Modell” der Nachhaltigkeit, und setzt damit den Fokus auf die planetaren Grenzen und Kipppunkte.

Die Ausstellung besteht aus Segmenten, die modular im Kreis aufgebaut werden. Konkret werden mit den Modulen sechs Themenschwerpunkte gesetzt: Mobilität, Wohnen, Kleidung, Ernährung, technische Geräte sowie Übergang unserer Gesellschaft auf einen nachhaltigen Entwicklungspfad. Die Themen-Module bilden mit guten Praxisbeispielen und Handlungsansätzen das Zentrum und werden durch zwei Perspektiven gerahmt. Auf der einen Seite stehen die globalen Zusammenhänge: Eindrucksvolle Bilder zeigen die sozialen und ökologischen Folgen des ungebremsten Wirtschaftswachstums in verschiedenen Teilen der Welt. Aber auch positive Zukunftsvisionen finden hier Platz, die den Nutzen von Veränderung visualisieren. Die andere Seite bedient sich der Methode des ökologischen Fußabdrucks und schaut speziell auf individuelle Handlungsmöglichkeiten mit Bezug zu den fünf Themengebieten.

Der ökologische Fußabdruck ist kein unumstrittenes Mittel der Kommunikation. In der Kritik stehen vor allem die starke Vereinfachung komplexerer Zusammenhänge, der häufig vorwurfsvolle Ton und eine Verschiebung von Verantwortung für globale Krisen auf die Schultern Einzelner. Er schafft jedoch einen alltagsnahen Bezug zum Thema und hat sich im Rahmen der Ausstellung als guter Einstieg in die Diskussion erwiesen.

Die Ausstellung endet in der Zusammenführung der verschiedenen Themen im sechsten Modul, das der Transformation. Für die Transformation ist eine kritische Reflexion unserer Erwartung an die Art des wirtschaftlichen Wachstums notwendig. Dazu zeigt die Ausstellung Informationstafeln zu „Grünem Wachstum“ und der Vision einer „Postwachstumsgesellschaft“, also der Überwindung des stetigen quantitativen Wachstums der Wirtschaft.

Aktuelle und geplante Ausstellungsstationen sowie Informationen zum Verleih finden sich unter www.wege-in-die-zukunft.de.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert