Standpunkte

Kein Antifaschismus ohne Postwachstum (I)

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Teil 1/2: Die kapitalistische Wachstumsgesellschaft als Nährboden des Faschismus

Politische Lähmung im Überlebensmodus der Demokratie

Sieben von neun planetaren Grenzen sind überschritten (PIK, 2025), die Mieten sind für viele Menschen kaum noch bezahlbar, der CSU Landwirtschaftsminister streicht die Gelder für die Verbesserungen der Tierhaltung (Der Spiegel, 2025) und jährlich ist die Anzahl an Femiziden in Deutschland dreistellig (Bundeszentrale für politische Bildung, 2025). Diese scheinbar unzusammenhängenden Missstände haben eines gemeinsam: Sie sind Teil einer endlosen Liste wichtiger politischer Baustellen, welche aktuell durch ein zunehmend dringlicheres Thema verdrängt werden – dem Antifaschismus.
Rechtsextremismus und autoritärer Nationalismus sind weltweit auf dem Vormarsch. In Deutschland überzeugt die rechtsextremistische AfD ein Viertel der Wähler, während in den USA die politischen Strukturen und demokratischen Institutionen, bereits nach wenigen Monaten von Donald Trumps zweiter Präsidentschaft, mehr denen einer Oligarchie als denen einer Demokratie ähneln.

Im Angesicht des drohenden oder bereits gedeihenden neuen Faschismus sehen sich Progressive zunehmend gezwungen, reaktiv für den Erhalt der Demokratie und Rechte zu kämpfen. Während für eine Verbesserung der Lebensqualität vieler Frauen politisches Engagement für die Erforschung von Krankheiten wie Endometriose wichtig wäre, sind wir gezwungen für den Erhalt des Rechtes auf Abtreibungen zu kämpfen; während Einsatz für Vergesellschaftungen für massive Verbesserungen ökonomischer Gerechtigkeit sorgen könnten, versuchen Gewerkschaften weltweit ihr Existenzrecht zu schützen (IGB, 2025).

Die Gefahr von Rechts nimmt immer mehr Raum in der politischen Wahrnehmung ein. So hat die Angst vor politischem Extremismus laut einer Umfrage der R+V Versicherung 2024 im Vergleich zum Vorjahr um 8 Prozentpunkte zugenommen. Dabei hatten 38 Prozent der Befragten Angst vor Rechtsextremismus (R+V Versicherung, 2024). Diese Angst kann lähmend sein – denn was bringen einem bessere Radwege, wenn man aufgrund seiner sexuellen Orientierung um die eigene Sicherheit fürchten muss? Somit wird der Demokratieschutz zum obersten Ziel und raubt die Kapazität und Zuversicht für gestaltende Themen der Gesellschaftsverbesserung.

Doch auch wenn der Widerstand gegen rechte Hetze und Propaganda wichtig und lobenswert ist, und jegliche Form der Proteste und des Dialogs einen relevanten Beitrag zum Schutz unserer Demokratie leisten, so möchte ich im Folgenden die Frage stellen, ob nicht das Fallenlassen oder Unterbrechen des Engagements zur Gesellschaftsverbesserung, zugunsten des Widerstandes, fatal ist. Weiter noch, ob nicht all jene verdrängten politischen Baustellen die Katalysatoren des Faschismus sind. Ich möchte die These in den Raum stellen, dass die kapitalistische Wachstumsgesellschaft inhärent den Nährboden für Faschismus bildet und Antifaschismus deswegen nicht nur reaktiv die entstehenden rechtsextremen Bewegungen bekämpfen darf, sondern zwingend die Ambition haben muss unser System umzugestalten.

Kann nur eine Postwachstumsgesellschaft die Wiederkehr des Faschismus verhindern?

Um diese Frage zu beantworten, beschäftige ich mich im ersten Teil dieses zweiteiligen Beitrags mit der Problemanalyse im Kontext des aktuellen Systems und politischer Entwicklungen. Hierfür ist es vorerst wichtig, den tatsächlichen Sachverhalt der aktuellen Gefahrenlage zu verstehen. Es ist kein Geheimnis, dass politische Wahrnehmungen und Narrative nicht immer mit der Realität übereinstimmen. Beispiele hierfür wären das von der CDU verbreitete und im konservativen Milieu akzeptierte Narrativ, Deutsche würden zu wenig arbeiten (Brandt, 2025), oder die weltweit zunehmende und unfundierte Angst vor Trans-Personen (Madlener, 2023). Um nicht selbst den Fehler zu begehen, ein unbelegtes Narrativ zu verbreiten, ist es relevant, den Tatbestand einer drohenden Neugeburt des Faschismus zu belegen. Ebenso birgt der unscharfe Gebrauch von Schlagwörtern wie Faschismus das Risiko, diese ihrer Bedeutung zu berauben. Eine solche semantische Ambivalenz lässt sich beispielsweise beim Begriff des Sozialismus beobachten, welcher vor allem in den USA von seiner eigentlichen Bedeutung entkoppelt wurde.

Der Moderne Faschismus

Für eine Einordnung des Faschismusbegriffs verwende ich daher hier die Arbeitsdefinition von Robert Paxton, welche auch von Häusler und Fehrenschild in „Faschismus in Gegenwart und Geschichte” der Rosa-Luxemburg-Stiftung angeführt wurde. Diese beschreibt Faschismus als:

„eine Form politischen Verhaltens, das gekennzeichnet ist durch eine obsessive Beschäftigung mit Niedergang, Demütigung oder Opferrolle einer Gemeinschaft und durch kompensatorische Kulte der Einheit, Stärke und Reinheit, wobei eine massenbasierte Partei von entschlossenen nationalistischen Aktivisten in unbequemer, aber effektiver Zusammenarbeit mit traditionellen Eliten demokratische Freiheiten aufgibt und mittels einer als erlösend verklärten Gewalt und ohne ethische oder gesetzliche Beschränkungen Ziele der inneren Säuberung und äußerlichen Expansion verfolgt“ (Paxton nach Häusler & Fehrenschild, 2020, S. 65)

Anhand dieser Definition lässt sich eine adäquate Diagnose der rechtspopulistischen und autoritären Bewegungen der heutigen Zeit stellen. Für diese Analyse werden insbesondere Beispiele und Beobachtungen aus der EU und den USA herangezogen. Es sei jedoch zu erwähnen, dass ähnliche Phänomene und Muster global in diversen Ländern auftreten.

Die charakteristische “obsessive Beschäftigung mit Niedergang, Demütigung oder Opferrolle einer Gemeinschaft” ist primär Symptom der Erfahrung sozialer und ökonomischer Missstände und Krisen. Auf diesen Aspekt werde ich später genauer eingehen. Die typische Suche nach und Verurteilung von Sündenböcken für diese Missstände lässt sich in modernen rechtsextremen Bewegungen allerdings sehr eindeutig beobachten. Rassistische und transphobe Propaganda dominiert jene Sphären und schafft es, in immer mehr Ländern bis in die Mitte der Gesellschaft vorzudringen. Dies hat bereits reale Konsequenzen für die Gesellschaft. Beispielsweise wurde dieses Jahr in Ungarn und zuletzt der Slowakei eine vermeintliche Geschlechterbinarität in der Verfassung festgehalten (Tagesschau, 2025; Fenker, 2025). Die ungarische Regierungspartei “Fidesz” proklamiert zuweil eine angestrebte “Wiedergeburt der Nation” (Häusler & Fehrenschild, 2020, S. 52). Eine rassistisch-völkische Ideologie und gefestigte Überzeugung gesellschaftlicher Vormachtstellung ist auch in der deutschen AfD spätestens seit dem Durchsickern von “Remigrationsplänen” (ethnische Säuberungen bzw. Vertreibungen) nach dem Potsdamer Treffen 2023 offensichtlich (DIE ZEIT, 2025). “Erfolgreiche Rechtsaußenparteien wie die AfD distanzieren sich einerseits vom Nationalsozialismus, revitalisieren anderseits jedoch einen völkischen Nationalismus und das Vokabular des Nationalsozialismus. In vielen ländlichen und kleinstädtischen ostdeutschen Regionen lassen sich neue Tendenzen einer zunehmenden alltäglichen Faschisierung feststellen, die durch rechtspopulistische Agitation und Kampagnenpolitik angefeuert werden” (Häusler & Fehrenschild, 2020, S. 36). Das für faschistische Bewegungen charakteristische Bedürfnis nach Autorität, welches in einem nationalen Führer kulminiert, dem eine besondere Überlegenheit und Vernunft zugeschrieben wird (Häusler & Fehrenschild, 2020, S. 65), lässt sich insbesondere in den USA eindeutig beobachten. Hier weist der Charakter der dem Präsidenten Trump loyalen “MAGA”-Bewegung  immer mehr Parallelen zu dem eines Kultes auf (Gaufman & Favero, 2025). Die USA sind zudem ein Echtzeit-Beispiel für die Oligarchisierung einer Demokratie, also die Umwandlung in ein System der Herrschaft weniger reicher Eliten (Warkus, 2025). Eine der anschaulichsten Verkörperungen dieser Entwicklung war Anfang 2025 die Beauftragung des Multimilliardärs Elon Musk mit der der Leitung des neu gegründeten “Department of Government Efficiency” – primär zuständig für die Umsetzung großer Haushaltseinsparungen durch Deregulierungen und Verschmälerungen des Staatsapparats.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass die zeitgenössischen Formen von autoritär-populistischer Mobilisierung deutliche Analogien zu den historischen Formen faschistischer Mobilisierung aufweisen (Häusler & Fehrenschild, 2020, S. 84). Um also angesichts dieser neuen faschistischen Bewegungen nicht einzig auf den anfangs erwähnten reaktionären Widerstand zurückgreifen zu müssen, sondern effektiv die Wurzel des Faschismus zu bekämpfen, ist es wichtig zu analysieren, welche Mechanismen ihn hervorrufen. Insbesondere, da es sich bei der aktuellen Expansion des Faschismus nicht um Einzelfälle, sondern kohärente Muster auf der gesamten Welt handelt, liegt die Vermutung nahe, dass die Ursprünge dieser Phänomene in den Funktionsweisen der aktuell vorherrschenden Gesellschaftsstrukturen liegen.

Die Wachstumsgesellschaft als Nährboden des Faschismus

Die Idee, verschiedene Gesellschaftssysteme seien instabil und würden aufgrund ihrer inhärenten Mechanismen irgendwann in andere Gesellschaftssysteme übergehen, ist nicht neu. Sie lässt sich bereits auf die Verfassungslehre (Anakyklosis) von Polybios aus dem 2. Jh. vor Chr. zurückführen. Diverse historische, soziologische und ökonomische Forschungen haben sich seitdem mit derartigen Mechanismen beschäftigt. Während derartige Wirkungszusammenhänge extrem komplex sind, gibt es doch Indikatoren und Muster, die darauf schließen lassen, dass tatsächlich bestimmte Systeme von Instabilität gekennzeichnet sind. Vieles deutet darauf hin, dass der wachstumsorientierte Kapitalismus einer solchen Logik unterliegt.
Im Kern lässt sich die Tendenz des aktuellen Systems, Faschismus hervorzubringen, auf zwei Sachverhalte zurückführen. Der erste lautet:

Die kapitalistische Wachstumsgesellschaft verursacht sozioökonomische Krisen und Missstände.

Aus einer Studie von Dahlum et al., welche 2019 weltweit fast 200 Oppositionsbewegungen des primär 20. Jahrhunderts analysierte, geht eines deutlich hervor: Die Rolle der arbeitenden Klasse ist essentiell für die Demokratisierung der Gesellschaft und den Widerstand gegen den Faschismus (Dahlum et al. nach Azzellini & Rosa-Luxemburg-Stiftung, 2021, S. 11 f.). Ein antifaschistisches System müsste also den Anspruch haben, Ungleichheiten zu beseitigen und dieser Klasse Gehör und Einfluss zu verschaffen. Denn eine schwache und unorganisierte Arbeiterklasse befindet sich im mittellosen Überlebensmodus. In diesem Zustand ist Widerstand nicht nur schwer, die arbeitende Klasse wird auch anfälliger für die Propaganda faschistischer Aktivisten.

Laut der Leipziger Autoritarismustudie 2024 “hängen sozialstrukturelle Nachteile systematisch mit niedrigerem politischem Vertrauen, antidemokratischer bis hin zu rechtsextremer Einstellung und der Wahl antidemokratischer Parteien zusammen” (Decker et al., 2024, S. 105). Als Kernpunkt hält auch die Rosa-Luxemburg-Stiftung fest: „Die Basis für faschistische Propagandaerfolge waren sozioökonomische und politische Krisenerscheinungen“ (Häusler & Fehrenschild, 2020, S. 85). Die Beobachtung der aktuellen gesellschaftlichen Missstände und Widersprüche, welche als “Polykrise” kumulieren (Decker et al., 2024, S. 13) sowie des gegenwärtig wachsenden Faschismus untermauern diese These. So stellt auch die Ökonomin Isabella M. Weber mit ihrem Ansatz der “antifaschistischen Wirtschaftspolitik” diesen Zusammenhang ins Zentrum der Debatte. Sie arbeitet spezifischer noch eine Kausalität zwischen dem Wahlsieg Donald Trumps und der für viele Amerikaner*innen belastenden Inflation heraus (Heussner, 2024). Dabei sei jedoch anzumerken, dass die kapitalistische Krisendynamik nicht nur eine wirtschaftliche Ebene hat, sondern ebenso andere Bereiche, wie die Energieversorgung, das Klima oder die Nahrungsmittelversorgung betrifft (Demirovic et al., 2011, S. 13).

Das Auftreten jener Krisen und Missstände, welche den Nährboden für faschistisches Gedankengut bilden, ist keinesfalls Zufall. Nein, es ist das notwendige Produkt des wachstumsorientierten Systemzwangs – eines Prozessmodus der Einzelkapitale, welche sich notwendigerweise ausdehnen müssen, dabei jedoch physisch-materielle Grenzen erreichen (Lessenich, 2024, S. 6). “Die systemische Notwendigkeit der immer wieder erneuten Herstellung eines wiederum zu verwertenden Mehrwerts” (Lessenich, 2024, S. 5) ist hierbei der Motor, welcher das Wachstum weiter antreibt, selbst wenn der Nutzen (Gebrauchswert) für die Gesellschaft stagniert oder sogar fällt. Die physischen Grenzen des Wachstums im industriellen Sektor haben, aufgrund des weiterbestehenden Wachstumszwanges, bereits Umverteilungen, Privatisierungen, Deregulierungen und Liberalisierungen hervorgerufen, um dennoch weiteres Wachstum zu ermöglichen (Demirovic et al., 2011, S. 15).
Die Logik unendlicher Akkumulation verlangt nach fortlaufender Effizienzsteigerung und Ressourcenausbeutung – ökonomisch, ökologisch und sozial. Stagnationen werden durch Untergrabungen sozialer Sicherungssysteme, Lohnsenkungen und Flexibilisierungen von Arbeitsverhältnissen ausgeglichen, was jedoch langfristig Nachfrageschwäche hervorruft und weitere Krisendynamiken bestärkt (Demirovic et al., 2011, S. 15).

Neben diesen Katalysatoren belohnt die Wachstumslogik die Ökonomisierung weiterer Lebensbereiche und Potentiale, die vormals dem Markt entzogen waren. Geplante Obsoleszenz ist profitabler als Langlebigkeit und Reparaturen; Wasser in Plastikflaschen ist profitabler als frei zugängliches Trinkwasser.
Die zunehmende Privatisierung sozialstaatlicher Leistungen sorgt für Überlastungen, da das Volumen an unbezahlter Care-Arbeit die Kapazitäten der Familien übersteigt – ein Mechanismus, unter dem vor allem Frauen leiden. Alternativ führt die Übertragung dieser Reproduktionsarbeit an meist niedrig bezahlte Migrantinnen zu einer Externalisierung der Überlastungen in den globalen Süden. Insgesamt führen Privatisierungen reproduktiver Tätigkeiten häufig zu Qualitätsverlusten aufgrund von Rationalisierungen und Effizienzsteigerungen. Die Tendenz zum Verfall nicht-rentabler gesellschaftlicher Infrastrukturen bedeutet für “wachsende Teile der unteren und mittleren Klassen […] wachsende finanzielle Belastungen (z.B. durch steigende Wasser- oder Energiepreise), Mobilitätsverluste und Einschränkungen bei Bildungsmöglichkeiten, Freizeitgestaltung oder Gesundheitsversorgung” (Demirovic et al., 2011, S. 19 f.).

Über die intrinsischen Konsequenzen der Akkumulationslogik hinaus, ist das wachstumsorientierte System verantwortlich für “die durch kapitalistisch organisierte Naturaneignung verursachten sozial-ökologischen Krisenprozesse, [welche sich] drastisch beschleunigen und andere Bereiche der Natur oder der Gesellschaft nachhaltig in ihrer Reproduktion beeinträchtigen” (Demirovic et al., 2011, S. 12). Das heißt, dass die bereits spürbaren Krisenauswirkungen, langfristig durch die Einflüsse von Ressourcenknappheit, Klimawandel, etc. amplifiziert werden. Wie sich empirisch belegen lässt, ist der vermeintliche Versuch, Umweltauswirkungen vom Wirtschaftswachstum zu entkoppeln (Green Growth) nicht erfolgreich (Vogel & Hickel, 2023). Aus diesem Grund werden sich die ökologischen Krisen und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft im aktuellen System weiter verstärken.

Insgesamt lässt sich festhalten: Wo der ökonomische Nutzen zum obersten Maßstab wird, zerfallen Versorgungssicherheit, Wohlstand und Solidarstrukturen. Die Erfahrung von Entfremdung, Prekarität und Kontrollverlust wächst. Auf der Suche nach Schuldigen für das eigene Leid und im Angesicht der eigenen Machtlosigkeit steigt in den unteren und mittleren Klassen die Offenheit für Narrative, welche schwächere Sündenböcke für das eigene Leid verantwortlich machen. Es entwickelt sich die zuvor erwähnte “effektive Zusammenarbeit mit traditionellen Eliten” zugunsten derer demokratische Freiheiten aufgegeben werden (Paxton nach Häusler & Fehrenschild, 2020, S. 65). Die Formierung und Einflussnahme dieser Eliten wird ermöglicht durch den zweiten Sachverhalt:

Die kapitalistische Wachstumsgesellschaft vereinfacht und begünstigt Machtzentralisierung und Korruption.

Die Forschung zeigt, dass diverse Mechanismen einer wachstumsorientierten Gesellschaft die Konzentration von wirtschaftlicher Macht bei wenigen Akteuren hervorrufen. Großkapitalisten können durch private Parteienfinanzierung und politischen Einfluss staatliche Macht usurpieren, um ihre Interessen zu schützen und zu erweitern. Dies geschieht sowohl durch legale als auch illegale Mittel wie Steuervermeidung, Bankbetrug oder Gesetzesänderungen zugunsten großer Unternehmen. Diese Prozesse führen oft zu einer Expansion des organisierten Sektors auf Kosten kleiner und mittlerer Produzenten und einer Verschlechterung der Lebensstandards der Arbeiter (Ghosh & Ghosh, 2019). Diese Zentralisierung wirtschaftlicher Macht, welche diverse Wege findet, Brücken zur Politik zu bauen, ist idealer Nährboden für weitreichendere Machtphantasien. Somit wirkt der Prozess der Machtaneignung selbstverstärkend, bis er über den wirtschaftlichen Machtausbau hinausgeht, hin zur Auslebung, Unterstützung oder wenigstens Tolerierung autoritärer Bestrebungen. Diese wie zuvor dargelegt weltweit zu beobachtende Tendenz zur Entwicklung oligarchischer Strukturen, ist also die logische Konsequenz eines Wirtschaftssystems, welches Monopolisierung und Korruption zugunsten eigener Profite belohnt.

Darüber hinaus werden in der modernen Welt die Monopole in den Bereichen essentieller Infrastruktur, über die Allianzen zwischen politischen und kapitalistischen Akteuren, zum wichtigen Instrument des Populismus. Insbesondere die Dominanz einzelner Unternehmen in der Medienlandschaft veranschaulicht diese Dynamik. Die internationale Abhängigkeit der digital-sozialen Infrastruktur in Form sozialer Medien, welche primär in der Kontrolle weniger amerikanischer Unternehmen liegen, ermöglicht es, breite Teile der Gesellschaft politisch zu formen oder spezifische Narrative in ihrer Verbreitung zu begünstigen. Eines von vielen Beispielen für derartige Vorgänge ist die algorithmische Bevorzugung von Elon Musks Beiträgen auf seiner eigenen Plattform X (Paul, 2023).
Ebenso wird diese Dynamik durch die weitreichende Macht des Axel Springer Verlags in der primär deutschen Medienlandschaft verdeutlicht. Dessen Zeitschrift “Die Bild” ist ein erstklassiges Beispiel für eine in vielen Beiträgen rechtspopulistische Propaganda zugunsten der Interessen von Kapitaleigentümern (Simplicissimus, 2025). Deutlich sichtbar wurde dies beispielsweise bei der primär durch die Bild verbreiteten Missrepräsentation und unverhältnismäßigen Diffamierung des Gebäudeenergiegesetzes der Ampel-Regierung.
Doch nicht nur der Machtmissbrauch, sondern ebenso die inhärente Designlogik moderner, wachstumsgetriebener Medien spielt eine wichtige Rolle für die Begünstigung faschistischen Gedankenguts: Interaktion und Aufmerksamkeit steigern Einnahmen. Kontroverse und polarisierende Inhalte werden somit am attraktivsten.

Die Verschachtelung all jener und vieler weiterer Mechanismen sorgt dafür, dass der Faschismus im aktuellen wachstumsorientierten, kapitalistischen Wirtschaftssystem einen geeigneten Nährboden findet, um zu keimen und die Gesellschaft zu durchdringen. Es liegt also nahe, dass es einen Gegenentwurf zu diesem System braucht, um Faschismus zu bekämpfen.
Im zweiten Teil dieses Artikels untersuche ich Postwachstum als Lösungsansatz und erläutere, wie die Gestaltung einer Postwachstumsgesellschaft der Faschisierung entgegenwirken kann.

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