Standpunkte

„Glaube an Wachstum, Leistung, Produktivität, Besitz ist stark verankert in der Gesellschaft!“

Schreibe einen Kommentar

DG_RZ_Logo_72dpi 150pxInterview mit dem Leipziger Verein Ökolöwe

Der Ökolöwe – Umweltbund Leipzig e.V. ging vor mehr als 25 Jahren aus der Naturschutzbewegung in Leipzig hervor und will auf mehreren Ebenen und in zahlreichen Projekten Ressourcen schonendere Strukturen voranbringen. Beispielsweise in den Bereichen Verkehr, Schutz der Artenvielfalt, Konsum, sowie Stärkung bürgerschaftlichen Engagements. Der Verein ist ein Unterstützer der Degrowth-Konferenz in Leipzig und hat für die Interviewreihe des Projekts „Stream towards Degrowth“ unsere Fragen beantwortet:

Stellen Sie sich vor, die Welt erlebt eine Zeit des „guten Lebens“ jenseits des Wachstums. Blicken wir dann, sagen wir im Jahre 2030, auf die vergangenen Jahrzehnte zurück.

1. Inwiefern war die Gesellschaft wachstumsabhängig?

2013: Die Wachstumsabhängigkeit beruht auf vielfältigen Faktoren: sozial- und wirtschaftspolitischen, religiösen, historischen, psychologischen. Grundsätzlich war man der Auffassung, dass nur durch Wachstum wirtschaftliche Stabilität und Prosperität gewährleistet werden könnte. Der Postwachstumsdialog versucht auch diese Ursachen zu beleuchten. Als städtischer Umweltverein teilen wir einige Themen mit der Postwachstumsbewegung, weisen auf deren Diskurse hin und fördern diesbezüglich bürgerschaftliches Engagement.

2. Welche waren die Hindernisse, die einer Wachstumswende im Wege standen?

Glaube an Wachstum, Leistung, Produktivität, Besitz ist stark verankert in der Gesellschaft. Produktivität wird vor allem auf Herstellung von ökonomisch verwertbaren Produkten bezogen, selbst Kultur, Bildung und Wissen werden ökonomisiert.

3. Welchen Beitrag haben sie für eine Gesellschaft jenseits des Wachstums geleistet?

Der Ökolöwe – Umweltbund Leipzig e.V. ist Leipzigs Umweltschutzverein und die regionale Plattform für grüne Ideen, Aktionen und Projekte. Als gemeinnütziger Verein versuchen wir auf mehreren Ebenen und in zahlreichen Projekten die Beziehung Mensch-Umwelt in der Stadt zu gestalten und die Entwicklung ressourcenschonender Strukturen voranzubringen. Beispielsweise in den Bereichen Verkehr, Schutz der Artenvielfalt, Konsum, sowie Stärkung bürgerschaftlichen Engagements.
Hervorgegangen aus der Leipziger Naturschutzbewegung noch zu DDR-Zeiten ist unser Verein mit der Wende vor 25 Jahren gegründet worden. Die politische und gesellschaftliche Bedeutung von Umweltschutz ist ihm von Beginn an eingeschrieben. Seit dem versuchen wir einen behutsamen Wandel der städtischen Struktur in Bezug auf Lebensqualität für Mensch und Umwelt zu fördern.
Die Projekte des Leipziger Umweltbunds sind zahlreich: Unter anderem haben die Ökolöwen für ein Ende des Braunkohleabbaus um Leipzig gekämpft und die Teilauto-Idee nach Leipzig gebracht. Die Förderung des Bewusstseins für verkehrspolitische Zusammenhänge durch Aktionen und Kampagnen hat sich der Verein auf die Fahnen geschrieben, ebenso Umweltbildung und Naturerleben für Kinder und Erwachsene, zum Beispiel im Stadtgarten Connewitz, einem auf dem Grund eines ehemaligen Schulgartens angelegten urbanen Garten. Zum Spektrum des Vereins gehört auch die öffentliche Umweltbibliothek mit etwa 20.000 Medien, ebenso als wichtiger Bereich die stadtpolitische Einflussnahme durch Stellungnahmen und Gutachten, hier hat der Ökolöwe eine starke Stimme bei öffentlichen Bauvorhaben.

4. Was macht für Sie das „gute Leben“ innerhalb einer Gesellschaft mit bewusst
geringem Produktions- und Konsumniveau aus?

Eine Reduktion materiellen Besitzes und nachhaltiger Konsum bedeutet in unseren Augen nicht weniger Lebensfreude und Sinnhaftigkeit, sondern deren Steigerung. Diese Haltung vermitteln wir. Einmal im Jahr laden wir zahlreiche Initiativen, Unternehmer und Kulturschaffende ein sich auf unserer Ökofete zu präsentieren und mit den Bürgern Leipzigs im zentralen Clara-Zetkin-Park ein großes Umweltfest zu feiern.
Dass das Weiterverwerten oder Teilen von Konsumgütern wie auch gemeinschaftliches, politisches und gesellschaftliches Engagement, zu einer aktiveren Einflussnahme und Gestaltung unseres Lebensumfelds führen, dass mehr Selbstwirksamkeit und mehr soziale Partizipation entstehen, versuchen wir in unserer Vereinsarbeit und durch diese erfahrbar zu machen.

5. Welche Anzeichen für eine Welt jenseits des Wachstums gab es schon 2014?

Das zunehmende Interesse und Bewusstsein für die Notwendigkeit eines neuen Umgangs mit Mensch und Umwelt, die zu einer vermehrten und auch in Leipzig sehr aktiven Suche von Wegen abseits des Wachstumsparadigmas führen, sind heute Anzeichen für eine Welt jenseits des Wachstums.

Danke für dieses Interview!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.