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Der Fehlversuch, das Rad neu zu erfinden

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Das Ziel der Enquete-Kommission Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität im Deutschen Bundestag, einen „ganzheitlichen Fortschrittsindikator“ zu entwickeln, wurde aus mehrerer Hinsicht verfehlt.

Die Kritik der Indikatoren-Projektgruppe am Bruttoinlandsprodukt als Messgröße für Wohlstand in ihrem vor einem Jahr vorgelegten Zwischenbericht ist umfänglich. Ich teile diese Kritik. Genau deshalb braucht es ein starkes Gegengewicht zu diesem über Jahrzehnte etablierten Indikator. Dafür taugt das vorgelegte Tableau nicht, denn das BIP verschwindet unter vielen Indikatoren. Es lenkt vom eigentlichen Ziel ab: das Wachstum in seine natürlichen ökologischen und sozialen Grenzen zu verweisen. Immer noch wachsen wir, indem die Atmosphäre weiter belastet wird und der arbeitende Mensch von seiner Arbeit krank wird. Viele Menschen würden gerne (mehr) arbeiten. Jenen, die mit wenig auskommen wollen, reicht hinterher die Rente nicht. Nennen wir das wirklich Wohlstand?

Das BIP muss an soziale und ökologische Bedingungen geknüpft werden

Zudem ist hinlänglich bekannt, dass Wachstum in entwickelten Gesellschaften nicht mehr zu mehr Wohlstand führt. Wenn man genauer hinschaut, wächst die Gruppe jener, denen es schon gut geht, während andere aus der Armutsfalle nicht herauskommen.

Viele Wissenschaftler*innen haben viele Alternativen zum BIP als die eine und dominierende Messgröße für Wohlstand vorgestellt. Keine dieser Alternativen hat es bislang geschafft, das Bruttoinlandsprodukt an Bedingungen zu knüpfen. Paradebeispiel für diese einäugige Betrachtungsweise war die Abwrackprämie, genannt: Umweltprämie. Sie sollte Deutschland helfen, die Auswirkungen der Finanzmarktkrise abzufedern. Dafür wurden fünf Milliarden Euro aus Steuermitteln bereitgestellt. Sie wurde ihrem Namen aber nicht gerecht. Es ging nicht um Umweltbelange, wie der Name verheißen sollte, sondern nur um Wachstum. Allein schon die Produktion eines Autos ist mit Energie- und Rohstoffverbrauch verbunden. Da keinerlei ökologische Bedingungen gestellt wurden, steckte also nicht viel Umwelt in dieser Aktion, außer dass einige wenige Spritfresser von den Straßen verschwunden sind. Dafür kommen munter weitere auf die Straße, wie die Geländewagen, neudeutsch: SUV. Dabei hätte man die Prämie an ökologische Kriterien knüpfen können.

Seit mittlerweile elf Jahren gibt es eine Nachhaltigkeitsstrategie, die bislang von jeder Bundesregierung fortgeschrieben wurde. Sie basiert auf der Rio-Agenda und enthält gleichermaßen ökonomische, ökologische und soziale Ziele, aber auch solche für den Bereich internationale Verantwortung. Leider wirkt sie nicht so stark, um nicht nachhaltige Maßnahmen zu verhindern. Die Leute freuten sich über das Staatsgeschenk Umweltprämie. Aber hätten sie sich nicht auch dann gefreut, wenn die Autos gleichzeitig umweltfreundlicher geworden wären?

Es war Aufgabe der Enquete-Kommission, „eine geeignete Grundlage zur Bewertung politischer Entscheidungen anhand ökonomischer, ökologischer und sozialer Kriterien zu schaffen“, so steht es im Einsetzungsbeschluss. Mit der Nachhaltigkeitsstrategie haben wir den Weg zum nachhaltigen Wirtschaften bereits beschritten. Welche Funktion also hat der von der Projektgruppe vorgelegte Wohlstandsindikatorensatz? Haben wir dort – auf Kosten des Steuerzahlers – nicht das ausgebrütet, was es schon gibt? Wo ist die Strategie dahinter, welche Ziele gilt es zu erreichen? Meine Vermutung ist, dass die etablierten Wirtschaftsforschungsinstitute sich mit dem geforderten jährlich vorzulegenden Jahreswohlstandsbericht noch ein paar weitere Aufträge sichern wollen.

Die Alternative: Wohlstandskompass

Was wir wirklich brauchen, ist, zügig in eine Kreislaufwirtschaft zu gelangen und die Belastung der Atmosphäre stark zurückzufahren. Zudem ist dafür zu sorgen, dass wieder mehr Menschen am Wohlstand teilhaben können. Es geht also um Fragen der natürlichen Grenzen, der Verteilung und der Lebenszufriedenheit im Allgemeinen.

Deshalb müssen wir dem Bruttoinlandsprodukt gleichstarke Gegengewichte gegenüber stellen, wie der Wohlstandskompass mit seinen vier Indikatoren: Bruttoinlandsprodukt, Einkommensverteilung, ökologischer Fußabdruck und einer Umfrage zur Lebenszufriedenheit. Dieses Modell kommt dem Wohlstandsquintett des Denkwerks Zukunft unter Meinhard Miegel sehr nahe, ist aber das Ergebnis einer eigenen intensiven Diskussion. Auch die Fraktion DIE LINKE im Bundestag setzt auf starke Gegengewichte.

Vor allem aber sind wir Politiker aufgefordert, die Zusammenhänge und Notwendigkeiten in den Gesprächen mit Verbänden, Unternehmern und Bürgern zu erläutern und zu verteidigen, statt im Hinblick auf die kommenden Wahlen nur wieder Versprechungen zu machen, die nicht umsetzbar sind oder nicht-nachhaltige Geschenke wie die Umweltprämie zu verteilen.

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  1. […] technische Innovationen, sondern setzt ebenso auf gesellschaftliche Rahmenbedingung (S. 70). Der grüne Wohlstandskompass müsse das BIP als Wohlfahrtsmaß ersetzen. Langfristig solle schließlich die […]

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