Berlin als Stadt der gelebten Utopien zu betrachten ist angesichts von steigenden Mieten, zunehmender Verdrängung von Menschen und Freiräumen, menschenunwürdigen Zuständen bei der Registrierung von Geflüchteten beim LAGeSo (Landesamt für Gesundheit und Soziales), ökologisch schädlichen Mammutprojekten wie dem „neuen“ Berliner Großflughafen oder der Erweiterung der Stadtautobahn A100 gar nicht so einfach.
Doch es gibt sie, die Keime des Wandels, die überall aus dem Boden sprießen.
Die unzähligen Projekte und Initiativen, die in den unterschiedlichsten Nischen am sozial-ökologischen Wandel werkeln. Die im Kleinen und Großen Utopien und alternative Visionen für die Stadt und die Welt entwerfen und in die Tat umsetzen.
Touren zu den „Halbinseln gegen den Strom“ und ein Bildungsangebot für den Wandel
In Berlin, der Stadt der alternativen Mikropraktiken, ist auch der Verein FairBindung zu Hause, der sich für eine sozial-ökologische Transformation hin zu einer nachhaltigen, solidarischen und global gerechten Welt einsetzt. Fairbindung ist als Kollektiv basisdemokratisch organisiert. Er versteht sich als Teil der Degrowth-Bewegung und verfolgt mit seiner Arbeit das Ziel, Perspektiven und praktische Ansätze einer Wirtschaft und Gesellschaft jenseits des Wachstums zu stärken und sichtbarer zu machen.
So führen beispielweise „Transition Tours“ auf dem Fahrrad zu Orten in Berlin, an denen Alternativen erfahrbar werden. Zu Projekten, die als „Halbinseln gegen den Strom“ (Friederike Haberman) die Stadt zum Nutzgarten machen und lieber Dinge reparieren und teilen anstatt immer neu zu kaufen, die sich als Kollektiv organisieren und den Prinzipien einer Solidarischen Ökonomie folgen, die Lebensmittel vor dem Müll retten und sich gegen zerstörerische Großprojekte engagieren…
FairBindung gestaltet zudem Bildungsangebote, in denen sich insbesondere junge Menschen mit Ansätzen zukunftsfähigen Wirtschaftens und Perspektiven einer Postwachstumsgesellschaft beschäftigen können. Seminare, Workshops und Projekttage schaffen Raum für kritisches Hinterfragen des derzeitigen kapitalistischen Wachstumsmodells, Austausch und gemeinsame Reflexion – auch über die verinnerlichten Prägungen durch das System des „Höher, Schneller, Weiter“ im eigenen Leben – und nicht zuletzt Inspiration und positive Energie für das aktive Mitgestalten an einem gesellschaftlichen Wandel.
In Zusammenarbeit mit dem Konzeptwerk Neue Ökonomie aus Leipzig wurde zudem die Methodensammlung „Endlich Wachstum!“ veröffentlicht, die auch anderen Menschen das pädagogische Arbeiten zum Thema Wachstum und Alternativen vereinfachen soll.
„Eine Welt Stadt Berlin“
Möglich gemacht wird die Arbeit von FairBindung auch durch das „Eine-Welt-Promotor/innenprogramm“. Aus Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) und vom Land Berlin werden unter dem Motto „Entwicklungspolitik fängt zu Hause an“ neun Menschen in Berlin finanziert, die sich mit verschiedenen Schwerpunkten vom Klimaschutz über Anti-Rassismus bis hin zum zukunftsfähigen Wirtschaften gezielt für Nachhaltigkeit und globale Gerechtigkeit engagieren. Koordiniert wird das Programm vom Berliner Entwicklungspolitischen Ratschlag (BER), dem Dachverband von über 110 in Berlin entwicklungspolitisch aktiven Organisationen. Unter dem Motto „Eine Welt Stadt Berlin“ vertritt der BER die Vision einer nachhaltigen Stadt in einer gerechten Welt und entwirft dabei folgendes Zukunftsbild: „Die Eine Welt Stadt Berlin setzt das gemeinwohlorientierte Wirtschaften an erste Stelle, das auf Wachstum angelegte Wirtschaften wird abgelöst.“
Im Rahmen des Programms setzt FairBindung sich zum Ziel, die vielfältigen Akteur/innen, die in Berlin den sozial-ökologischen Wandel mitgestalten, miteinander stärker in Kontakt und Austausch zu bringen und die Sichtbarkeit ihrer Arbeit zu erhöhen. Zugleich ist es ein Anliegen, verstärkt globale Aspekte und Perspektiven von Aktivist/innen aus dem Globalen Süden in die Debatte um die sozial-ökologische Transformation einzubringen. In diesem Sinne lädt zum Beispiel das öffentliche Veranstaltungsformat „Café Décroissance“ dazu ein, sich an wechselnden Orten gelebter Alternativen mit Konzepten einer Wirtschaft jenseits des Wachstums auseinanderzusetzen.
Mehr Infos über FairBindung unter www.fairbindung.org . Wer über Seminare, Fortbildungen und Veranstaltungen auf dem Laufenden bleiben möchte, kann sich für den Newsletter anmelden.