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Wieso die Begrenzung unserer Wünsche der Weg zur Zufriedenheit ist

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Tomáš Sedlácek befasst sich in seinem Buch „Die Ökonomie von Gut und Böse“ mit der Verwurzelung der Ökonomie in der Kultur der Menschheit. Sein Buch führt den Leser durch die Welt der Ökonomie – er durchquert die Ökonomiegeschichte beginnend beim Gilgamesch Epos, dem Alten Testament und Adam Smith bis hin zur Gegenwart. Dabei beschäftigt er sich mit Werten in der Ökonomie, der Mathematik als verführerische Sprache der Wirtschaft, der Unzufriedenheitsdynamik in der Gesellschaft und dem Streben nach Wachstum.

Die spannende Frage nach den Gründen für die herrschende Unzufriedenheit in der Gesellschaft diskutiert Sedlácek im Ursprung und befasst sich zunächst mit dem menschlichen Begehren. Die Entstehung dessen sieht er als „Geburt des Bedarfs und der Nachfrage nach Dingen, die (zum Überleben) nicht erforderlich sind“ (S. 269). Der Nutzen ergibt sich demnach aus Dingen, die wir eigentlich gar nicht brauchen.

Das ständige Verlangen nach „mehr“ scheint seiner Meinung nach ein Naturphänomen zu sein. Denn dieses Phänomen zeigt sich bereits in der Geschichte der Pandora, der ersten Frau der griechischen Mythologie, in der Geschichte von Adam und Eva und im Gilgamesch-Epos. In der heutigen Zeit ist das menschliche Begehren der Motor des Fortschritts und der Marktkapitalisierung. Es ist der Ursprung der Idee des nie endenden Wachstums, die Sedlácek als säkulare Religion der Ökonomen beschreibt. Das religiöse Streben nach Wachstum und Fortschritt, welches uns den Himmel auf Erden näher bringen soll.

Letztendlich hat das ständige Verlangen nach immer mehr, nach Wachstum und BIP-Steigerung jedoch laut Sedlácek dazu geführt, dass wir uns überarbeiten, die Freude an der Arbeit verloren haben und in ständiger Unzufriedenheit leben. Wir sind mit Abstand die reichste Zivilisation aller Zeiten – und dennoch weit von der Genügsamkeit und der Zufriedenheit entfernt. Doch wie kommt das? Sedlácek sieht unsere Gesellschaft in dem Irrglauben, dass wir umso weniger brauchen und wollen würden, je mehr wir hätten. Die Befriedigung der Bedürfnisse soll Zufriedenheit bringen. Doch das ist ein großer Irrtum, der uns nach Wachstum hat streben lassen und uns zu einer überschuldeten und unzufriedenen Gesellschaft gemacht hat. Tatsächlich wachsen unsere Bedürfnisse nämlich mit dem, was wir haben, und sie wachsen schneller als ihre Erfüllung. Es besteht demnach eine ständige Lücke zwischen Nachfrage und Angebot. Das führt dazu, dass wir in einer Unzufriedenheitsdynamik gefangen sind.

In seinem Buch stellt Sedlácek zwei Möglichkeiten heraus, wie die Diskrepanz zwischen unseren Bedürfnissen und dem Angebot minimiert werden kann und die Chance besteht, glücklich zu werden. Eine Möglichkeit ist ihm zufolge das hedonistische Programm. Danach gilt es, das Angebot ständig zu vergrößern und nach permanentem Wachstum zu streben. Solange bis es unsere Nachfrage befriedigt. Das ist die unendliche Geschichte, die wir seit der Ära der Griechen verfolgen, die uns unzufrieden macht.

Mit seinem zweiten Ansatz zur Minimierung der Diskrepanz zwischen Nachfrage und Angebot folgt Sedlácek einer Idee der Stoiker. Demnach müssten wir unsere Nachfrage soweit verringern, dass sie dem vorhandenen Angebot entspricht. Die Begrenzung der Wünsche stellt zwar erst einmal ein schwieriges Unterfangen dar. Doch Sedlácek betont die Problematik der Unzufriedenheitsdynamik. Demnach werden wir niemals zufrieden sein, wenn wir unsere Wünsche nicht begrenzen. Seiner Meinung nach, sollte es unser Ziel sein, unsere ständige Unzufriedenheit und den künstlich erzeugten sozio-ökonomischen Mangel aufzugeben. Wir sollten unsere Ruhe und Zufriedenheit wieder-entdecken und dankbar sein für das, was wir haben.

Dieser Beitrag entstand im Rahmen des Seminars „Postwachstumsökonomie“ an der Universität Witten/Herdecke in Zusammenarbeit mit dem Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie.

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