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Postwachstum in der Politik

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Anlässlich der Bundestagswahl 2017 können Sie hier nachlesen, welche Parteien in ihren Wahlprogrammen das Wirtschaftswachstum als Zweck wirtschaftlichen Handelns in Frage stellen oder gar eine Postwachstumsökonomie einführen möchten.

Leise Anklänge von Kritik am bisherigen Wachstumsparadigma finden sich in den Programmen der Partei Menschliche Welt, der Piratenpartei sowie von Bündnis 90/Die Grünen. „Regionale Gemeinwohlwirtschaft fördern“ möchte die Menschliche Welt, für die Piratenpartei ist „Wirtschaftspolitik nicht gleich Wachstumspolitik“ und den Grünen geht es trotz des Bekenntnisses zur ökologischen Modernisierung darum „zu verhindern, dass blinder Wachstumsglaube und ungebremstes Profitstreben unseren einzigartigen Planeten zerstören.“. Auch Die Urbane. „möchte[…] erreichen, dass der Mensch und die Umwelt im Bewusstsein der Gesellschaft vor die Belange des Marktes gestellt werden.“

Wesentlich konkreter formulieren hingegen folgende Parteien ihre Abkehr vom wirtschaftspolitischen Wachstumsparadigma:

Die Ökologisch Demokratische Partei (ÖDP)

Im Wahlprogramm der ÖDP findet sich die Forderung nach einer „Postwachstumswachstumsökonomie von unten“:

„Die Erderwärmung schreitet voran. Die Pariser Weltklimakonferenz vom Dezember 2015 einigte sich auf eine Obergrenze von 1,5 °C für den Temperaturanstieg, weil sonst irreversible und hochgefährliche Kipp-Prozesse angestoßen werden (Polareis, Permafrostböden), aber wirklich konkrete Schritte, um dieses Ziel zu erreichen, sind noch nicht in Sicht. Ein Patentrezept dafür hat niemand. Viele Ansätze werden diskutiert. Postwachstumsökonomie, Gemeinwohlökonomie oder solidarische Ökonomie liegen uns besonders nahe. Wir suchen eine Übersetzung in politische Schritte. Das erfordert viel Mut, Offenheit und Lernbereitschaft.“

Die Violetten

Schrittweise möchten auch die Violetten eine Postwachstumsökonomie einführen. In ihrem Wahlprogramm findet sich dazu folgender Absatz:

„DIE VIOLETTEN stehen für einen verantwortungsvollen Konsum: jetzt Genuss, dauerhaft eine nachhaltige Entwicklung und ein ethisch-gesellschaftlicher Fortschritt. Grund dafür ist unsere Überzeugung, dass alles miteinander in Beziehung steht. So hat unter anderem unser Überfluss zu Ressourcenknappheit und Mangel auf anderen Kontinenten geführt. Daher ist weiteres Wirtschaftswachstum aus unserer Sicht nicht zweckdienlich. Stattdessen streben wir eine schrittweise Postwachstumsökonomie (Wachstumsrücknahme) in vier Stufen an:

  1. Suffizienz (Genügsamkeit)
  2. Subsistenz (Selbstversorgung)
  3. mehr Regionalökonomie
  4. Rücknahme der Industrialisierung

Zu diesem Zweck werden wir eine nachhaltige Produktion von Gütern, die eine verlängerte Nutzungszeit haben und reparabel sind, ebenso fördern wie den Austausch von Dienstleistungen ohne Geldfluss und Konzepte der Selbst- und Kollektivversorgung, beispielsweise durch Kleingärten und Urban Gardening. Reduzieren wir unseren unnötigen oder sogar schädlichen Überfluss, erholen sich die armen Länder, so dass Menschen nicht mehr gezwungen sind, aufgrund wirtschaftlicher Not aus ihrer Heimat zu fliehen.“

Bergpartei

Die Bergpartei bezeichnet „[W]achstum als [H]olzweg“ und bekennt sich zu folgender Aussage:

„die bergpartei stellt den nutzen von wirtschaftlichem wachstum in frage und plädiert für ein bewusstes schrumpfen und entschleunigen, um der weltlage angemessen zu begegnen. dieses motto bezieht sie auch auf sich selbst. das ziel der bergpartei ist es nicht, vermeintlichen wählern_innen nach dem mund zu reden, um prozenthürden zu überwinden, sonden dem allgemeinen kanon der wachstumsgläubigen mit plakaten und aktionen entgegenzutreten.“ [sic]

V-Partei³

Ebenfalls sehr konkret formuliert die V-Partei³ in ihrem Wahlprogramm aus ihrer Sicht die Notwendigkeit einer Postwachstumsökonomie:

„Unbegrenztes Wachstum auf einem Planeten mit Ressourcengrenzen ist unmöglich. Schon lange verbrauchen wir zu viele Ressourcen und betreiben damit Raubbau an der Umwelt. Das ist nicht nachhaltig und vermindert die Chancen künftiger Generationen, auch in anderen Ländern und führt zu vermehrtem Artensterben. Obwohl diese Erkenntnis weit verbreitet ist, ist die Wachstumslogik immer noch im politischen Denken und deutschem Alltag dominant. Wirtschaftswachstum wird einseitig positiv ausgelegt.

Die V-Partei³ fordert hier zur Verantwortung und Vernunft auf. Wachstum darf nicht auf Kosten anderer geschehen und materielle Grenzen dürfen nicht weiter ignoriert werden. Es muss eine klare Unterscheidung zwischen quantitativem und qualitativem Wachstum geben.

Wir sind uns bewusst, dass dies eine grundlegende Veränderung bedeutet, jedoch würde die fortgesetzte Ausbeutung von Mensch und Natur zwangsläufig zu stärkeren Veränderungen führen, die dann nicht mehr gesteuert werden können und womöglich katastrophal enden.

Die einzig logische Folgerung kann nur die Forderung nach einer Postwachstumsgesellschaft sein. Wege und Mittel für einen umfassenden Strukturwandel müssen sofort weitreichend untersucht werden, alles andere ist weder sozialtragfähig noch moralisch vertretbar. Konzepte wie Wettbewerbsfähigkeit sollen radikal hinterfragt werden. Die Kosten der Wirtschaft können nicht weiter externalisiert werden. In diesem Sinne müssen alternative Wirtschaftsformen und Projekte unterstützt und Ideen weiterentwickelt werden.“

 

Wie die Parteien CDU/CSU, SPD, Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen sowie die FDP Fragen von Netzwerk Weitblick e.V. zu den Sustainable Development Goals (SDGs) beantworten, können Sie hier nachlesen.

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