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Erkenntnisse der pluralen VfS-Ergänzungsveranstaltung

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Vom 6. bis 9. September organisierte das Netzwerk Plurale Ökonomik eine Ergänzungsveranstaltung zur traditionsreichen Jahrestagung des Vereins für Socialpolitik.
Im Sinne einer pluralen Forschung und speziell der Forschung für eine Postwachstumsgesellschaft wäre es aus meiner Sicht wünschenswert, wenn die Gräben zwischen den verschiedenen ökonomischen Schulen überwunden werden. Eine gemeinsame Jahrestagung von VfS und heterodoxen Vereinigungen wäre ein wichtiger Schritt in diese Richtung.

Die Vorgeschichte

Die Aktiven des seit 2012 unter diesem Namen bestehenden Netzwerks fordern eine pluralere Ausrichtung der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung und Lehre. Dies betrifft auch die größte deutschsprachige Tagung, die der Verein für Socialpolitik jährlich organisiert. Um auf die inhaltliche wie methodische Verengung hinzuweisen, organisierte das Netzwerk erstmals 2012 eine „pluralistische Ergänzungsveranstaltung“. Die Organisatoren wollten damit Ihrem Wunsch Ausdruck verleihen, dass auf der größten deutschen wirtschaftswissenschaftlichen Tagung auch Strömungen wie der Post-Keynesianismus oder die Postwachstumsökonomie vertreten sein können, koordiniert von eigenständigen Vereinigung VöW, der Keynes-Gesellschaft, dem Arbeitskreis Politische Ökonomie oder der VÖÖ. Letztere beide haben sich sogar aus einer Unzufriedenheit mit dem VfS bei den Tagungen 1972 und 1992 gegründet.

Dank umfangreicher Berichterstattung und Diskussionen in der Presse und dem letztjährigen offenen Brief einer internationalen Studierendeninitiative wurden diese Forderungen auch im Verein für Socialpolitik diskutiert. Im letzten Jahr kam es zu einer symbolischen Annäherung, als Vertreter des Netzwerks eine eigene Session innerhalb der VfS-Tagung organisieren durften. In diesem Jahr wurde diese Entwicklung jedoch nicht ausgebaut, sondern sogar revidiert. Als Reaktion wurde erneut eine Ergänzungsveranstaltung ins Leben gerufen.

Die Ergänzungstagung 2015

Auf der Ergänzungstagung stellten über 40 ReferentInnen ihre Forschungsergebnisse vor. Themen waren unter anderem die Wechselwirkungen von Wirtschaftswissenschaft und Gesellschaft, Pluralismus in der ökonomischen Lehre oder die politische Ökonomie der Umverteilung. Ein weiterer Schwerpunkt lag auf ökonomischen Konzepten wie der Saldenmechanik oder der Rolle von Geld und Geldordnung. Eine andere Session zu „Umwelt – Energie – Wachstum“ befasste sich mit auch in der wachstumskritischen Debatte diskutierten Themen wie alternativen Wohlfahrtsmessungen, Energie als Maß für ökonomische Aktivität und dem Ökosozialismus.

Auffällig war, dass die verschiedenen Kritikpunkte der Vorträge häufig unverbunden blieben. Die Brücken zwischen den vertretenen ökonomischen Schulen wie dem Post-/Monetär-Keynesianismus und der Ökologischen Ökonomik sind bisher schwach. Dies zeigte sich auch in der Diskussion zur ökonomischen Großwetterlage, wo einerseits nachfragegestütztes Wachstum als Ausweg aus der Krise gefordert wurde, andererseits kritisiert wurde, dass die ökologischen Implikationen dieses Vorschlags völlig vernachlässigt würden. Der Monetärkeynesianer Hansjörg Herr merkte dann auch selbstkritisch an, dass die ökologische Dimension im Keynesianismus allgemein bisher zu sehr vernachlässigt würde. Dies ist insbesondere bedauerlich, weil die Expertise der makroökonomisch versierten ForscherInnen für das Gebiet der Postwachstumsökonomik höchst relevant wäre, beispielsweise bei den Kontroversen um Wachstumszwänge oder das Geldsystem.

Die Nicht-Berücksichtigung ökologischer Fragen zeigte sich auch in den Ergebnissen des gemeinsamen Forschungsprojekts von ICAE und ZÖSS zur Nachkriegsgeschichte der deutschen Nationalökonomie. Hierbei war auffällig, dass ökologische Ökonomik in den Kategorien nicht auftauchte. Dies mag damit zu erklären sein, dass diese sich kaum mit Fragen der Nationalökonomie befasst haben, aber es kann auch Zeichen einer gewissen Blindheit füreinander sein. Dabei haben ökologische Ökonomik und Post-Keynesianismus teilweise recht ähnliche Vorstellungen vom Wirtschaftsgeschehen und könnten gut voneinander lernen.

 

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